(ip/RVR) Der V. Zivilsenat des BGH hatte bzgl. der Zulässigkeit der Klage eines Mitglieds einer Wohnungseigentümergemeinschafts (WEG) zu entscheiden. Die Klage ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet, von denen der Kläger nur Namen, nicht jedoch ladungsfähige Anschriften angegeben hatte. Die Klage wurde dem Verwalter zugestellt. In erster Instanz wurden die mit der Klage angefochtenen Gemeinschaftsbeschlüsse teilweise für ungültig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten äußerte das Landgericht die Ansicht, dass mangels ladungsfähiger Anschriften der Beklagten das Amtsgericht die Klage als unzulässig hätte abweisen müssen; indem die Wohnungseigentümer ihre ladungsfähigen Anschriften im Berufungsverfahren mitgeteilt hätten, sei die Klage nun zulässig geworden, habe jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Die Zulassung der Revision soll die Klärung der Frage ermöglichen, ob eine Beschlussanfechtungsklage zulässig ist, wenn der Kläger die vollständige und richtige Liste der übrigen Wohnungseigentümer in erster Instanz nicht vorlegt und dieser Mangel erst im Berufungsverfahren geheilt wird.

Der V. Senat beschied, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist, wenn die Namen und ladungsfähigen Anschriften der übrigen Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nicht nachgereicht werden. Im Berufungsrechtszug kann der Zulässigkeitsmangel jedoch geheilt werden.

Hierzu wurde ausgeführt: Eine zulässige Klage erfordert nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4, § 130 Nr. 1 ZPO die Angabe nicht nur des Namens, sondern auch einer Anschrift des Beklagten, unter welcher er geladen werden kann. Diese Angaben müssen nach § 44 Abs. 1 WEG nicht schon in der Klageschrift enthalten sein. Sie können vielmehr bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nachgeholt werden. Geschieht dies aber nicht oder nicht vollständig, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

Die fehlende Angabe einer ladungsfähigen Anschrift der beklagten Partei kann indessen im Berufungsrechtszug nachgeholt und der Mangel der Zulässigkeit der Klage somit geheilt werden. Dazu reicht aus, dass die beklagte Partei ihre ladungsfähige Anschrift im Berufungsrechtszug selbst angibt. Es ist nicht erforderlich, dass diese Angabe von der klagenden Partei in das Verfahren eingeführt wird oder sich diese die Angabe der beklagten Partei zueigen macht. Entscheidend ist, dass die von der beklagten Partei gemachten Angaben unstreitig werden.

Dass die Namen und die ladungsfähigen Anschriften der zu verklagenden übrigen Wohnungseigentümer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz nicht nachgereicht werden macht die Klage auch nicht schon nach § 46 Abs. 1 WEG unbegründet. Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 kann durch Zustellung der Klage an den Verwalter gewahrt werden.

Die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG wird durch die Erhebung der Klage, also durch deren Zustellung gewahrt (§ 253 Abs.1 ZPO). Dabei liegt eine wirksame Zustellung auch dann vor, wenn die Klage nicht der beklagten Partei selbst, sondern - wie hier - ihrem gesetzlichen Zustellungsvertreter (§ 45 Abs. 1 WEG) zugestellt worden ist. Dass ladungsfähige Anschriften der Beklagten erst im Berufungsrechtszug beigebracht worden sind, kann deshalb für die Wahrung der materiellen Ausschlussfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 WEG keine Rolle mehr spielen.

Die nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO erforderliche Bezeichnung der Parteien und der Angabe ladungsfähiger Anschriften ist Bestimmtheits-, nicht aber Zustellungserfordernis. Ihr kommt Bedeutung lediglich für die verfahrensrechtliche Frage zu, ob die Klage durch Prozessurteil abzuweisen ist. Dementsprechend hat der Gesetzgeber die Folge eines Verstoßes gegen die Obliegenheit zur Nachreichung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht in einer Abweisung der Klage als unbegründet, sondern in einer Abweisung als unzulässig gesehen. Das gilt umso mehr, als sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG an der materiellrechtlichen Klagefrist nach § 246 AktG orientiert hat. Für diese ist anerkannt, dass es für ihre Einhaltung allein auf die fristgerechte Einreichung und die Zustellung der Klage ankommt und deshalb sogar die Einreichung der Klage bei einem unzuständigen Gericht unschädlich ist. Dem ist der Senat für die Klagefrist nach § 23 Abs. 4 WEG aF gefolgt, sodass die materiellrechtliche Wirkung einer fristgerechten Klageerhebung nicht auf Grund von späteren prozessualen Versäumnissen entfällt.

Teleologische Erwägungen untermauern das von dem Senat zugrunde gelegte Normverständnis. Mit den Ausschlussfristen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG soll erreicht werden, dass die Wohnungseigentümer und der mit der Ausführung von Beschlüssen betraute Verwalter alsbald Klarheit darüber gewinnen, welcher Beschluss aus welchen Gründen angefochten wird. Da der Verwalter gehalten ist, die Wohnungseigentümer zu informieren, wird dieser Zweck auch dann erreicht, wenn die Klage fristwahrend dem Verwalter als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zugestellt worden ist. Auf die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt die beklagten Wohnungseigentümer in einer § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO genügenden Weise bezeichnet worden sind, kommt es hierzu nicht an.

BGH vom 20.05.2011, Az. V ZR 99/10

 

© Copyright immobilienpool.de Media / RVR Rechtsanwälte Stuttgart