(IP) Hinsichtlich einer vermeintlich rechtswidrigen Aufhebung der Ausschreibung eines öffentlichen Bauauftrags hatte das Oberlandesgericht (OLG) des Landes Sachsen-Anhalt zu entscheiden. Die Klägerin begehrte vom Beklagten Schadenersatz wegen dabei entgangenen Gewinns. Im Rahmen eines Bauvorhabens mit einem Netto-Auftragswert über fünf Millionen Euro hatte ein Betrieb des Beklagten Tischlerarbeiten ausgeschrieben. Als alleiniges Zuschlagskriterium war der niedrigste Angebotspreis vorgesehen. Nebenangebote wurden nicht zugelassen.

Die Klägerin gab insgesamt zwei Angebote auf elektronischem Wege ab, und zwar das Angebot 1 mit einer Endsumme in Höhe von knapp 270.000,- € und ein weiteres Angebot 2 in nahezu identischer Höhe. Beide Angebote unterschieden sich lediglich in zwei Positionen, deren Gegenstand jeweils die Überarbeitung historischer Innentüren war - was zu der Preisdifferenz in Höhe von ca. 400,- € führte.

Bei Eröffnung der Angebote lagen Hauptangebote von drei Bietern vor. Der Beklagte nahm von der Klägerin lediglich das Angebot 2 ins Submissionsprotokoll auf. Dieses Angebot war das preisgünstigste, die weiteren Angebote überstiegen den Angebotspreis der Klägerin. Der Beklagte teilte der Klägerin das Ergebnis mit, forderte sie zur Vorlage fehlender Erklärungen auf und lud sie, anders als die anderen beiden Bieter, zu einem Aufklärungsgespräch ein. Im Aufklärungsgespräch teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass für sämtliche Tischlerarbeiten an historischen Türen ein hierauf spezialisierter Nachunternehmer eingesetzt werde. Die Klägerin wurde aufgefordert, ihr Angebot zu vervollständigen, insbesondere um bestimmte Formblätter sowie um Referenzen für vergleichbare Leistungen. Dem kam die Klägerin innerhalb der hierfür gesetzten Frist nach. Darauf teilte der Beklagte allen Bietern mit, dass er das Vergabeverfahren aufgehoben habe, da sämtliche Angebote weit über den veranschlagten Haushaltsmitteln lägen und kündigte eine Neuausschreibung an.

Dagegen wurde geklagt, das OLG Sachsen-Anhalt entschied wie folgt:

„1. Ein anderer schwerwiegender Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung ... kann zwar auch darin liegen, dass ausreichende Haushaltsmittel für den Auftrag nicht zur Verfügung stehen. Hierfür genügt jedoch die objektive Überschreitung der Ansätze der eigenen Kostenschätzung nicht, wenn die Kostenschätzung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist.
2. In einem Vergabeverfahren darf jeder Bieter grundsätzlich nur ein Hauptangebot abgeben, mehrere gleichzeitig vorliegende Hauptangebote eines Bieters sind grundsätzlich unzulässig. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Bieters an der Abgabe zweier (oder mehrerer) Hauptangebote nicht vorliegt.
3. Bei der rechtswidrigen Aufhebung einer Ausschreibung wegen einer objektiven Überschreitung des Haushaltsansatzes kommen Schadenersatzansprüche wegen des negativen Interesses für mehrere Bieter in Betracht.“

OLG Sachsen-Anhalt, Az.: 2 U 152/13

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