(ip/RVR) In einem seiner aktuellsten Urteile befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage nach einer auf die fehlende Erlaubnis zur Untervermietung gestützten Kündigung.

Die Klägerin hat 1998 von den Beklagten eine Wohnung in Frankfurt am Main gemietet.

Der Mietvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

§ 11 Abs. 3
„Der Mieter ist ohne ausdrückliche Einwilligung des Vermieters weder zu einer Untervermietung noch zu einer sonstigen Gebrauchsüberlassung an Dritte berechtigt, ausgenommen an besuchsweise sich aufhaltende Personen. Die Einwilligung gilt nur für den Einzelfall, sie kann aus wichtigem Grund widerrufen werden. Die Rechte des Mieters aus § 549 Abs. 2 BGB bleiben unberührt.“

§ 27
„Die Einwilligung zur Untervermietung wird erteilt. Bei einem Wechsel der Untermieter ist die schriftliche Einwilligung der Vermieter erforderlich. … .“

Mit Schreiben vom 18. November 2007 bat die Klägerin vergeblich um Erlaubnis zur Untervermietung eines Zimmers an Frau A. Sie erhob anschließend Klage auf Zustimmung und nahm die Untermieterin A in der Wohnung auf. Jener Rechtsstreit wurde zugunsten der Klägerin entschieden.

Mit Schreiben vom 25. November 2008 bat die Klägerin um Erlaubnis zur Untervermietung eines Zimmers an Frau P. Die Beklagten machten die Erteilung der Erlaubnis erneut von der Darlegung eines berechtigten Interesses an der Untervermietung abhängig. Daraufhin erhob die Klägerin Klage auf Erteilung der Zustimmung zur Untervermietung an Frau P.

Die Beklagten, die das Mietverhältnis bereits während des Vorprozesses über die Zustimmung zur Untervermietung an Frau A mit Schreiben vom 19. Februar 2008 und 7. März 2008 wegen unberechtigter Untervermietung fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt hatten, haben im Wege der Widerklage Räumung und Herausgabe der Wohnung begehrt. Inzwischen kündigte die Untermieterin P, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit bezüglich der Klage in der Hauptsache in der Berufungsinstanz übereinstimmend für erledigt erklärten.

Das Landgericht wies die Berufung der Klägerin zurück.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Abweisung der Widerklage.

Der BGH entschied, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht standhält, so dass die Räumungswiderklage unbegründet ist und die Revision der Klägerin Erfolg hat. Zur Begründung führte der BGH u.a. aus, dass das Berufungsgericht verkannt hat, dass einer Kündigung der Beklagten wegen unerlaubter Untervermietung an Frau A jedenfalls der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegensteht, denn die Beklagten erteilten der Klägerin die ihr nach dem Mietvertrag zustehende und rechtzeitig erbetene Erlaubnis bezüglich der neuen Untermieterin nicht, so dass ihnen daher selbst eine erhebliche Vertragsverletzung zur Last fällt.

Bei pflichtgemäßem Verhalten, so der BGH, hätten die Beklagten die von der Klägerin mit Schreiben vom 18. November 2007 erbetene Erlaubnis zur Untervermietung an Frau A erteilen müssen: Die Einholung der Genehmigung hat den Zweck, dem Vermieter Gelegenheit zu geben, seine Einwände gegen die Untervermietung geltend zu machen, bevor dem Untermieter die Räume überlassen werden. Indem die Klägerin die Erlaubnis zur Untervermietung an Frau A rechtzeitig erbeten hat, ist sie dieser Pflicht nachgekommen, so dass die Beklagten etwaige Bedenken gegen die Person der neuen Untermieterin vorbringen konnten. Solche Bedenken gab es jedoch nicht. Folglich waren die Beklagten zur alsbaldigen Zustimmung zur Untervermietung an Frau A verpflichtet und durften sie nicht von der Darlegung eines berechtigten Interesses abhängig machen.

Es bedarf keiner Entscheidung, so der BGH, inwieweit überhaupt noch von einem vertragswidrigen Verhalten der Klägerin gesprochen werden kann, „denn jedenfalls ist es den Beklagten wegen des Verbots rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) verwehrt, sich bei ihrer Kündigung auf das Fehlen einer Erlaubnis zu berufen, die sie der Klägerin hätten erteilen müssen, wenn sie sich selbst vertragsgemäß verhalten hätten.“

Somit kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main wird abgeändert. Die Widerklage wird abgewiesen. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„a) Nimmt der Mieter eine Untervermietung vor, ohne die erforderliche Erlaubnis seines Vermieters einzuholen, verletzt er seine vertraglichen Pflichten auch dann, wenn er einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat.

b) Ob ein derartiger Vertragsverstoß des Mieters ein die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigendes Gewicht hat, ist unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.

c) Hat der Mieter eine Erlaubnis zur Untervermietung vom Vermieter rechtzeitig erbeten, so ist eine auf die fehlende Erlaubnis gestützte Kündigung rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter seinerseits zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war und ihm somit selbst eine Vertragsverletzung zur Last fällt.“

BGH vom 02.02.2011, Az.: VIII ZR 74/10


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