(ip/RVR) Anspruch des Auftragnehmers aus Anordnung des Auftraggebers betreffend die Änderung eines Bauentwurfs bezüglich der Ziegelgüte war Gegenstand eines der aktuellen Urteile des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (OLG).

Das OLG entschied, dass die zulässige Berufung in der Sache keinen Erfolg hat. Der Klägerin steht kein Anspruch aus § 2 Nr. 7 Abs. 1 S. 2, Nr. 5 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B), denn sie hat die hierfür erforderliche Anordnung des Auftraggebers zu einer Änderung des Bauentwurfs nicht nachweisen können. „Bei einer solchen Anordnung muss es sich um eine klar und deutlich verständliche - unter Umständen auch stillschweigende - Weisung handeln und nicht nur um Wünsche des Auftraggebers, deren Befolgung durch den Auftragnehmer nicht zwingend erwartet wird oder die diesen lediglich zu einer Überprüfung seiner Verfahrensweise veranlassen soll (vgl. Ingenstau/Korbion-Keldungs, VOB, 17. Aufl., § 2 Nr. 5 VOB/B Rn. 26).“ Die Klägerin hat nicht den Beweis führen können, dass die Angaben der Beklagten zur Frage eines KfW-60-Hauses das Stadium der Wunschvorstellung überschritten haben und darüber hinausgehend zum Ausdruck gebracht haben, dass es sich hier um eine verpflichtende Vertragserklärung in Bezug auf eine Vertragsänderung handelt. Es sei zwar vollkommen klar gewesen, dass die Beklagten ein KfW-60-Haus gewollt hätten; gleichwohl folgt daraus eine Änderung des Bauentwurfs nur, wenn den Beklagten zumindest ansatzweise klar gewesen wäre, dass das „Wollen“ eines KfW-60-Hauses eine Änderung des Bauentwurfs hinsichtlich der Ziegelgüte zur Folge hatte. „Zwar bedarf es für den Fall der Auftragsänderung keines ausdrücklichen Hinweises auf Mehrkosten; erforderlich ist aber ein Erklärungsbewusstsein des Auftraggebers dahin, dass sein erklärter Wunsch eine Änderung der Leistungsbeschreibung zur Folge hat und davon kann hier nicht ausgegangen werden.“

Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus § 2 Nr. 8 Abs. 2 S. 1 VOB/B, wonach dem Auftragnehmer eine Vergütung zusteht, wenn der Auftraggeber Leistungen, die ohne Auftrag durchgeführt wurden, nachträglich anerkennt. Im Falle der nachträglichen Anerkennung muss das eindeutige Verhalten des Auftraggebers ergeben, dass er mit der zusätzlich erbrachten Leistung letztlich doch einverstanden ist und sie als Bauleistung zu seinen Gunsten und für die von ihm verfolgten Zwecke billigt. Ein solches Anerkenntnis kann im vorliegenden Fall, so das OLG, nicht festgestellt werden. Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten bis zu dem Zeitpunkt, in dem seitens der Klägerin eine Mehrvergütung verlangt wurde, erkannt hatten, dass hier andere Planziegel als nach dem Vertrag geschuldet eingebaut wurden. In der Entgegennahme und letztlich auch Abnahme der Leistung, so das OLG, kann daher kein Anerkenntnis gesehen werden.

Darüber hinaus müssen sich die Beklagten auch nicht etwaige Kenntnis von der Vertragsänderung der für sie tätigen Baubetreuerin zurechnen lassen, denn es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Baubetreuerin als Wissensvertreterin gem. § 166 Abs. 1 BGB analog anzusehen ist. „Wissensvertreter ist, wer nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur Kenntnis zu nehmen sowie ggf. weiterzuleiten.“ Grundsätzlich ist im Rahmen der Tätigkeit eines Architekten die Anwendung von § 166 BGB denkbar, denn sofern die Bauüberwachung einem Architekten übertragen wird, wird dieser regelmäßig auch nach außen hin tätig und tritt als Repräsentant des Bauherren u.a. auch in der Weise in Erscheinung, dass er gegenüber dem Unternehmer auf Abweichungen hinweist und ggf. Mängel rügt und deren Beseitigung verlangt. Im vorliegenden Fall kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Baubetreuerin in vergleichbarer Weise zu einem eigenverantwortlichen Handeln „bevollmächtigt“ war. Allein die Tatsache, dass die Baubetreuerin die Beklagten über die Verwendung höherwertiger Planziegel unterrichtet haben soll, rechtfertigt nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss, dass die Beklagten jedenfalls bis zur Abnahme des Bauvorhabens Kenntnis von der abweichenden Ausführung der Planziegel hatten.

Es besteht weder ein Anspruch der Klägerin aus §§ 2 Nr. 8 Abs. 3 VOB/B, 683 S. 1, 670 BGB (Geschäftsführung ohne Auftrag) noch ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gem. §§ 677, 684, 812 ff. BGB.

Schließlich ist die Klage auch nicht in Höhe der geltend gemachten außergerichtlichen Anwaltskosten von 807,80 Euro bei einem Gegenstandswert von 16.739,44 Euro begründet.

Die Berufung der Klägerin wird somit zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„1. Bei einer Anordnung des Auftraggebers zur Änderung des Bauentwurfs muss es sich um eine klar und deutlich verständliche - unter Umständen auch stillschweigende - Weisung handeln und nicht nur um Wünsche des Auftraggebers, deren Befolgung durch den Auftragnehmer nicht zwingend erwartet wird oder die diesen lediglich zu einer Überprüfung seiner Verfahrensweise veranlassen sollen.

2. Bei einem nachträglichen Anerkenntnis von Leistungen, die ohne Auftrag durchgeführt wurden, muss es sich um ein eindeutiges Verhalten des Auftraggebers handeln, das ausdrücklich oder auch durch schlüssiges Handeln erklärt werden kann, d.h. es muss nicht in der Form des § 781 BGB erfolgen. Das eindeutige Verhalten des Auftraggebers muss ergeben, dass er mit der zusätzlich erbrachten Leistung letztlich doch einverstanden ist und sie als Bauleistung zu seinen Gunsten und für die von ihm verfolgten Zwecke billigt.

3. Grundsätzlich ist die Institution des „Wissensvertreters“ angewendet worden auf Fälle, in denen die jeweilige Person von einer juristischen Person damit betraut war, nach außen eigenständige Aufgaben zu erledigen, Informationen zur Kenntnis zu nehmen und sie weiterzuleiten. Dabei muss die Arbeitsorganisation so gestaltet sein, dass der Wissensvertreter im Rechtsverkehr als Repräsentant des Geschäftsherrn bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung erledigt.“

Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 25.08.2011, Az.: 12 U 69/10


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