(ip/RVR) Die Beklagten sind seit 1976 Mieter einer Wohnung in einem Reihenhaus, welches Ende der 50er Jahre als Teil eines Reihenhauswohnblocks auf einem (ungeteilten) Grundstück errichtet worden ist. Im Jahre 2003 erfolgte die Realteilung dieses Grundstücks in einzelne Grundstücke, die jeweils mit einem (aus zwei separaten Wohnungen bestehenden) 'Zweifamilienhaus' bebaut sind. Im Jahre 2007 erwarben die Kläger dasjenige dieser Häuser, dessen eine Wohnung an die Beklagten vermietet war, und sie bezogen die andere Wohnung. Mit Schreiben vom Dezember 2007 erklärten die Kläger der Beklagten die Kündigung ihres Mietverhältnisses gem. § 573a BGB zu Dezember 2008.
Die Kläger begehren die Räumung der Wohnung und Herausgabe derselben. Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, das Landgericht hatte die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit der die Kläger ihr Begehren weiterverfolgen. Die Revision hat Erfolg. Die Beklagten sind gem. § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an die Kläger verpflichtet. Die Kündigung der Kläger vom Dezember 2007 ist gem. § 573a BGB begründet und hat das Mietverhältnis mit den Beklagten beendet.

Gemäß § 573a Abs.1 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem von ihm selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kündigen. Die gem. § 573a Abs. 1 Satz 2 BGB um drei Monate verlängerte Kündigungsfrist ist abgelaufen. Eine analoge Anwendung der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB auf die Kündigung nach § 573a kommt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in Betracht.
§ 577a BGB bestimmt Folgendes: Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann ein Erwerber das bestehende Mietverhältnis erst nach Ablauf von mindestens drei Jahren seit der Veräußerung aufgrund von berechtigten Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB kündigen. Für das Bundesland, in dem sich der vorliegende Fall abspielte, ist diese Sperrfrist unter den Voraussetzungen des § 577a Abs. 2 BGB durch Rechtsverordnung auf zehn Jahre verlängert worden.

Die für die Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnräumen geltenden Bestimmungen der §§ 577, 577a BGB sind auf die Realteilung eines mit zu Wohnzwecken vermieteten Zweifamilienhäusern bebauten Grundstücks entsprechend anzuwenden. Denn durch die Realteilung eines Reihenhauses mit zwei separaten Wohnungen entsteht eine der Umwandlung in Eigentumswohnungen vergleichbare Situation: das Reihenhaus kann nunmehr separat veräußert werden, und es ist besonders für potentielle Käufer attraktiv, die es zur Befriedigung des eigenen Wohnbedarfs erwerben wollen. Die entsprechende Anwendung des § 577a BGB hat zur Folge, dass die Kläger hier mangels Ablauf der Sperrfrist seit der ersten Veräußerung des Reihenhauses eine Kündigung nicht auf berechtigte Interessen i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB stützen konnten. Die Kläger haben indes nicht nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB, sondern nach § 573a BGB gekündigt.

Eine analoge Anwendung der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB auf eine auf § 573a BGB gestützte Kündigung kommt mangels Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht. Die Revision beanstandet insoweit zu Recht den weiteren Analogieschluss des Berufungsgerichts.

Die Bestimmung des § 577a BGB hat den Zweck, dem durch die Umwandlung in Wohnungseigentum gefährdeten Bestandsschutzinteresse des Mieters Rechnung zu tragen.
Auf die Umwandlung in Wohnungseigentum folgt oftmals die Veräußerung an einen neuen Eigentümer, welcher die Wohnung erwirbt um sie selbst zu bewohnen. So erhöht sich durch die Umwandlung in Wohnungseigentum die Wahrscheinlichkeit eines Eigentümerwechsels, und mit dem Eigentümerwechsel erhöht sich für den Mieter die Gefahr einer Eigenbedarfskündigung. Die Bestimmung des § 577a BGB dient nicht einem umfassenden Schutz des Mieters vor einer ordentlichen Kündigung nach der Bildung von Wohnungseigentum - oder wie hier der Realteilung eines bebauten Grundstücks - und anschließender Veräußerung des neu geschaffenen Eigentums, sondern bezweckt den Schutz des Mieters speziell und allein vor der durch die Umwandlung in Wohnungseigentum erhöhte Gefahr einer Eigenbedarfs- oder Verwertungskündigung i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 BGB. Eine analoge Anwendung des § 577a BGB auf andere Kündigungsgründe i.S.d. § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist daher abzulehnen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist eine analoge Anwendung der Kündigungssperrfrist des § 577a BGB auf die Kündigungsmöglichkeit des § 573a BGB auch nicht deshalb geboten, weil die Kündigung nach § 573a BGB kein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraussetzt und deshalb regelmäßig einfacher durchzusetzen ist als die Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB, für welche der § 577a BGB gilt. Denn die Vorschrift des § 573a BGB (ebenso wie die frühere Regelung in § 564b Abs. 4 Satz 1 BGB a.F.) stellt auf das enge räumliche Zusammenleben von Mieter und Vermieter in einer 'Einliegerwohnung' oder 'Zweifamilienhaussituation' ab. Weil bei einem solchen Zusammenleben unter einem Dach die räumliche Nähe von Mieter und Vermieter die Gefahr von Spannungen zwischen den Mietvertragsparteien erhöht, sollte dem Vermieter – allerdings zum Schutz des Mieters mit verlängerter Kündigungsfrist – eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit geschaffen werden. Die gleiche Situation besteht, wenn das Zweifamilienhaus erst durch die Realteilung einer Reihenhausanlage mit jeweils zwei separaten Wohnungen entstanden ist und nun eine davon vom Erwerber und Vermieter bewohnt wird. Eine analoge Anwendung der Kündigungssperrfrist auf die Kündigung nach § 573a BGB würde in diesen Fällen dazu führen, dass die vom Gesetzgeber für diese besondere Situation engen Zusammenlebens von Vermieter und Mieter vorgesehene Möglichkeit einer Kündigung ohne Darlegung eines berechtigten Vermieterinteresses dem Vermieter gegebenenfalls für einen sehr langen Zeitraum versagt bliebe.

Da die Kündigung der Kläger gem. § 573a BGB berechtigt war und das Mietverhältnis zu Ablauf des Jahres 2008 beendet hat, sind die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der von ihnen gemieteten Wohnung an die Kläger zu verurteilen.

BGH vom 23.06.2010, Az. VIII ZR 325/09


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