(ip/RVR) In einer Zwangsversteigerung hatten Eheleute die Immobilie an einen Ersteher verloren, waren aber noch unterschiedlich lange wohnen geblieben. In den sich anschließenden Klageverfahren ging es um die dem Ersteher daraus zustehende Nutzungsentschädigung sowie um eine bestehengebliebene Grundschuld i.H.v. ca. 39.000 €, die von den Eheleuten bereits vor der Zwangsversteigerung vollständig zurückgezahlt, aber nicht gelöscht worden war. Die Rechtsnachfolger der zwischenzeitlich verstorbenen ehemaligen Eigentümer machten daraufhin diese Grundschuld, die ihnen von der Bausparkasse letztlich abgetreten worden war, gegen den Ersteher geltend. Dessen Aufrechnung der Nutzungsentschädigung gegen die Grundschuld scheiterte, da die Forderung des Erstehers gegen die Eheleute gemeinschaftlich aufgrund des unterschiedlichen Auszugszeitpunktes die Höhe der Grundschuld bei weitem nicht erreichte.

Die Aufrechnung mit Forderungen, deren Erfüllung einer alleine schuldet, ist nach Aussage des BGH ungeeignet, die Ablösung der Grundschuld zu bewirken.

Eine Forderung, so führt der BGH weiter aus, die einer Mehrzahl von Gläubigern nach Maßgabe von § 432 BGB zusteht, kann nur durch die Aufrechnung mit einer Forderung erfüllt werden, für deren Erfüllung sämtliche Gläubiger dem Schuldner haften, weil die gemeinschaftliche Forderung nicht durch Leistung an einen Mitgläubiger erfüllt werden kann. Die Aufrechnung des Schuldners mit einer Gegenforderung gegen einen der Mitgläubiger berührt das Bestehen der Ak-tivforderung auch im Verhältnis zwischen diesem Mitgläubiger und dem Schuldner nicht. Die gemeinschaftliche Berechtigung an der Aktivforderung entzieht diese jeder Erfüllung, die nicht allen Mitgläubigern nach Maßgabe von § 432 BGB zugute kommt.

Die Aufrechnungserklärung des Beklagten hat nicht zur Ablösung der Grundschuld geführt, weil die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen den hierzu erforderlichen Betrag nicht erreichen.

Der Eigentümer eines mit einer Grundschuld belasteten Grundstücks schuldet nach Aussage des BGH nicht den Grundschuldbetrag und die Zinsen aus der Grundschuld, sondern ist (lediglich) verpflichtet, wegen der Grundschuld die Zwangsvollstreckung in das belastete Grundstück zu dulden. Der Eigentümer kann jedoch auch aus seinem sonstigen Vermögen die Ablösung des Duldungsanspruchs gem. § 1142 Abs. 1 BGB durch Zahlung oder gem. § 1142 Abs. 2 zweite Alt. BGB durch Aufrechnung bewirken. Dies gilt jedoch nur, wenn die Gegenforderung des Eigentümers so hoch ist, dass die Aufrechnung mit dieser zur Ablösung der Grundschuld führt, denn ein Gläubiger braucht Teilleistungen grundsätzlich nicht entgegen zu nehmen. Unvollständige Leistungen führen zu Belästigung oder Aufwand des Gläubigers, vor denen ihn § 266 BGB bewahren soll.

Der BGH führt hierzu im Wesentlichen weiter folgendes aus:

Dieser Grundsatz gilt zwar nicht ausnahmslos. So bewirkt die Aufrechnung des Schuldners mit einer Gegenforderung, die niedriger ist als die Forderung des Gläubigers, die Erfüllung der Forderung des Gläubigers im Umfang der Gegenforderung und bedeutet damit eine Teilleistung auf die Forderung des Gläubigers. Das hat der Gläubiger hinzunehmen, weil die Aufrechnung sonst weitgehend ihres Sinnes beraubt würde.

Die insoweit anzuerkennende Ausnahme von dem Grundsatz des § 266 BGB gilt aber nur für Forderungen, für die der Schuldner mit seinem gesamten Vermögen haftet. Der Gläubiger erhält in Höhe der von dem Schuldner zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung Befriedigung. Seine Forderung wird teilweise erfüllt. Nachhaltige Belästigungen oder weitere Maßnahmen sind mit der durch die Aufrechnung bewirkten teilweisen Befriedigung nicht verbunden. So verhält es sich jedoch nicht, wenn eine Grundschuld von dem Eigentümer teilweise abgelöst wird. Eine Teilzahlung kann der Gläubiger ablehnen, §§ 1142 Abs. 1, 266 BGB.

Mit einer teilweisen Ablösung – auch im Wege der Aufrechnung - ist Aufwand für den Gläubiger verbunden (u.a. Vermerk der Teilleistung auf dem Grund-schuldbrief, Bildung eines Teilbriefes, teilweise Löschung, Erklärung des Verzichts, diverse Mitwirkungspflichten usw.) den der Inhaber des Rechts nicht hinzu-nehmen braucht, es sei denn, der zur Ablösung noch fehlende Betrag wird zusammen mit der Erklärung der Aufrechnung im Wege der Zahlung von dem Eigen-tümer erbracht.

BGH, vom 16. Juli 2010, Az. V ZR 215/09


Mit freundlicher Unterstützung von:

RVR Rechtsanwälte
Rechtsanwalt Dr. Volker Rabaa

Augustenstr. 124
70197 Stuttgart

Telefon: 0711-16664-0
Telefax: 0711-16664-44
Homepage: www.rvr.de