(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof entschied kürzlich über die Ausübung von gemeinschaftsbezogenen Gewährleistungsrechten durch die WEG.

Im Jahre 1998 erwarben die Kläger von der Beklagten, einer Bauträgerin, je eine Eigentumswohnung in einer aus mehreren Häusern bestehenden Wohnungseigentumsanlage. Die Beklagte verpflichtete sich in den Erwerbsverträgen, das Sonder- und Gemeinschaftseigentum nach Maßgabe der in Bezug genommenen Baubeschreibung zu sanieren. Die Bauleistungen wurden vor dem 1. Januar 2000 abgenommen. In der Folgezeit zeigten sich Mängel am Gemeinschaftseigentum. Es wurde vereinbart, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft eine Zusammenstellung der von den Mängeln betroffenen Wohnungen vorlegt und die Beklagte sich bis zum 6. Mai 2004 zu den Mängelrügen äußert. Mit Schreiben vom 1. Juni 2004 legte die Verwalterin die vereinbarte Zusammenstellung vor und forderte die Beklagte auf, die Mängel bis spätestens 1. September 2004 zu beseitigen. Am 28. Oktober 2004 bevollmächtigten die Wohnungseigentümer die Hausverwaltung, ihre Gewährleistungsansprüche bezüglich der Mängel am Gemeinschaftseigentum gegenüber der Beklagten gerichtlich geltend zu machen.

Mit Schreiben seines damaligen Prozessbevollmächtigten vom 24. Juli 2006 forderte der Kläger zu 1 die Beklagte, der Kläger zu 2 mit einem solchen vom 14. August 2006 zur Beseitigung von verschiedenen Baumängeln auf. Beide Kläger setzten der Beklagten eine Frist zur Beseitigung der Baumängel bis zum 30. November 2006. Sie kündigten an, nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist Wandlung, Minderung oder Schadensersatz, gegebenenfalls Zug um Zug gegen Rückgabe der Wohnungen, einschließlich aller sich daraus ergebender Schäden, insbesondere möglicher Steuerschäden, geltend zu machen. Die Beklagte beseitigte die gerügten Mängel nicht. Daraufhin lehnten die Kläger mit Schreiben vom 30. Januar 2007 bzw. 5. Juli 2007 weitere Mängelbeseitigungsarbeiten ab und erklärten, Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend zu machen.

Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, es fehle an einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Die Berufung der Kläger hatte überwiegend Erfolg. Die Beklagte verfolgt mit der vom Senat zugelassenen Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Ausführungen des Berufungsgerichts im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Somit hat die zulässige Revision der Beklagten in der Sache keinen Erfolg.

„Auf die vor dem 1. Januar 2002 geschlossenen Erwerbsverträge ist das bis 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht anwendbar, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB; die Verjährung der Ansprüche richtet sich nach Art. 229 § 6 EGBGB.“

Die Revision der Beklagen beruft sich lediglich darauf, dass den Klägern dem Grunde nach Schadensersatzansprüche gemäß § 635 BGB nicht zustünden, weil die Schreiben vom 24. Juli 2006 und 14. August 2006 den Anforderungen des § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB an eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht genügten und im Übrigen im Hinblick auf die bereits am 31. Dezember 2004 abgelaufene Verjährungsfrist nicht durchsetzbar seien. Mit diesen Einwänden hat sie jedoch keinen Erfolg.

Mit Schreiben vom 24. Juli und 14. August 2006 haben die Kläger der Beklagten eine Frist zur Mängelbeseitigung bis zum 30. November 2006 gesetzt.

„Die Auslegung des Berufungsgerichts, aus der Ankündigung der Kläger, nach fruchtlosem Ablauf der Frist Wandelung, Minderung oder Schadensersatz, gegebenenfalls Zug um Zug gegen Rückgabe der Wohnungen, einschließlich aller sich daraus ergebender Schäden, insbesondere möglicher Steuerschäden geltend zu machen, ergebe sich hinreichend deutlich die Androhung, nach Fristablauf eine Mängelbeseitigung abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.“

In den Schreiben vom 24. Juli 2006 und 14. August 2006 haben die Kläger deutlich zum Ausdruck gebracht, so der BGH, dass sie nach fruchtlosem Fristablauf eine Mängelbeseitigung durch die Beklagte ablehnen werden. Darüber hinaus ist die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb unwirksam, weil die Kläger auch angekündigt hatten, möglicherweise Minderung oder kleinen Schadensersatz zu verlangen.

Schließlich ist die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung nicht unwirksam, weil sie zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Wohnungseigentümergemeinschaft die das Gemeinschaftseigentum betreffenden Gewährleistungsansprüche an sich gezogen hatte.

Der Anspruch der Kläger ist nicht verjährt. Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:

„Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehrheitsbeschluss die Ausübung gemeinschaftsbezogener Gewährleistungsrechte wegen Mängeln an der Bausubstanz an sich gezogen, ist der einzelne Wohnungseigentümer jedenfalls dann nicht gehindert, dem Veräußerer eine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung zu setzen, wenn die fristgebundene Aufforderung zur Mängelbeseitigung mit den Interessen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht kollidiert.“

„Führt die Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Ausübung der gemeinschaftsbezogenen Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanz des Gemeinschaftseigentums an sich gezogen hat, Verhandlungen mit dem Veräußerer über die Beseitigung der Mängel, wird dadurch die Verjährung der Mängelbeseitigungsansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer gehemmt. Soweit eine gesonderte Ermächtigung nicht besteht, hemmt diese Verhandlung nicht die Verjährung der Ansprüche, die den Wohnungseigentümern nach Ablauf einer von ihnen mit Ablehnungsandrohung gesetzten Frist entstehen.“

„Ein Berufungsgericht muss grundsätzlich keinen Hinweis darauf erteilen, dass es von der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts abweichen will, wenn die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt wird und die betroffene Partei deshalb von der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht überrascht wird.“

BGH vom 19.08.2010, Az: VII ZR 113/09.

 

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