(ip/RVR) Das Verwaltungsgericht Lüneburg befasste sich aktuell mit einem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bezüglich der Instandsetzung eines Denkmals.

Der Antragsteller ist Eigentümer des sog. „Waldhauses B./C.-Villa“, das bis Februar 2007 als psychiatrische Klinik genutzt wurde. Nachdem die Klinik im Februar 2007 in ein Neubau nach D. umgezogen ist, steht das Gebäude leer, wird nicht genutzt und ist dem Verfall preisgegeben.

Wegen seiner geschichtlichen Bedeutung wurde das Gebäude am 9. November als Kulturdenkmal in das Verzeichnis der Kulturdenkmale Niedersachsens eingetragen. Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 21. September 2009 die Löschung der Eintragung im Verzeichnis der Kulturdenkmale. Das Nds. Landesamt für Denkmalpflege ist diesem Antrag nicht nachgekommen und lehnte ihn mit Schreiben vom 2. November 2009 ab.

Die Antragsgegnerin forderte den Antragsteller auf, Maßnahmen zu ergreifen, die dem fortschreitenden Verfall des Gebäudes Einhalt gebieten. In dem Zusammenhang haben mehrere Ortsbegehungen stattgefunden, wobei in einem Protokoll die äußerlich sichtbaren Schäden aufgenommen worden sind. Der Antragsteller ergriff verschiedene Maßnahmen, um diese Schäden zu beseitigen. Aus Sicht der Antragstellerin waren diese Maßnahmen jedoch ungeeignet, den weiteren Verfall des Gebäudes zu stoppen. Am 14. September 2010 ordnete sie mit hier angefochtener Verfügung die Durchführung von Trocknungsmaßnahmen an sämtlichen feuchten Wänden und Dachschrägen, die Reparatur der Fußböden bzw. Fußbodenbeläge sowie die Beseitigung des Schimmelbefalls und sonstiger Verunreinigungen an.

Mit Schriftsatz vom 29. September 2010 beantragte der Antragsteller die Erteilung einer Genehmigung für den Abbruch und die Beseitigung des Gebäudes, über den noch nicht entschieden ist.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg entschied, dass der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg hat, so dass die sofortige Vollziehung der denkmalschutzrechtlichen Verfügung nicht im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an der Wahrung der baurechtlichen Ordnung geboten ist.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin, so das Verwaltungsgericht, entspricht gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO den formellen Anforderungen. Auch dem Begründungserfordernis gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist genüge getan. „Voraussetzung hierfür ist, dass eine Behörde die Erwägungen offen legt, die sie in diesem konkreten Fall veranlasst haben, von der Möglichkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung Gebrauch zu machen (vgl. Finkelnburg/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 5. Aufl. 2008, Rdnr. 740 ff.).“ Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin das Interesse an einem sofortigen Vollzug ihrer Verfügung hinreichend erläutert.

Maßstab für die Begründetheit des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Anordnung sind die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbefehls, vorliegend des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. September 2010. Voraussichtlich wird dieser Erfolg haben. „Die in dem angefochtenen Bescheid verfügten Anordnungen zur Schadensbeseitigung unterliegen bei der im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur gebotenen summarischen Prüfung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.“

Im vorliegenden Fall kann offen bleiben, ob es sich bei der C.-Villa um ein Baudenkmal handelt oder nicht. „Eine verbindliche Entscheidung darüber, ob ein Bauwerk ein Baudenkmal ist, kann erst im Rahmen einer Incidenter-Prüfung etwa anlässlich eines baurechtlichen oder denkmalschutzrechtlichen Verfahrens erfolgen sowie durch eine negative Feststellungsklage (Schmaltz/Wiechert §§ 4,5 Rdn. 28 ff.).“ Vorliegend bedarf die Frage der Denkmaleigenschaft der Villa C. jedoch keiner abschließenden Entscheidung, denn die angefochtene denkmalschutzrechtliche Verfügung ist aus anderen Gründen aufzuheben.

Als Rechtsgrundlage für die Anordnung der Schadensbeseitigung beruft sich die Antragsgegnerin auf § 89 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2 Alternative NBauO i.V.m. den §§ 23, 25 Abs. 1 NDSchG. Gemäß diesen Vorschriften kann eine Behörde anordnen, dass derjenige, der dem Denkmalschutzgesetz zuwider in ein Kulturdenkmal eingreift, auf Verlangen der Denkmalschutzbehörde den bisherigen Zustand wiederherzustellen hat. Es ist jedoch zu beachten, dass § 25 Abs. 1 NDSchG mit dem Begriff „Eingriff in ein Kulturdenkmal“ nur genehmigungspflichtige Maßnahmen nach § 10 NDSchG, die ohne Genehmigung durchgeführt werden, erfasst. Vorliegend geht es aber nicht darum. Letztlich will die Antragsgegnerin mit der angefochtenen Verfügung erreichen, dass vorhandene Schäden an dem Denkmal durch Trocknungs-, Reparatur- und Reinigungsmaßnahmen beseitigt werden, um „die C.-Villa als Baudenkmal zu erhalten.“ § 23 i.V.m. § 6 Abs. 1 NDSchG bilden die Rechtsgrundlage hierfür. Danach sind Kulturdenkmale instand zu halten und wenn nötig instand zu setzen. Gefordert werden können nur Maßnahmen, die zur Erhaltung des Denkmals nötig sind. Die geforderten Maßnahmen müssen, wie alle behördlichen Anordnungen, hinreichend bestimmt sowie geeignet sein. Im vorliegenden Fall fehlt es daran.

Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. „Weiterhin müssen die Anordnungen so klar formuliert sein, dass sie nötigenfalls auch im Wege des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden können (Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm. 10. Aufl. 2008, § 37 Rdn. 5 ff; Grosse-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, Komm. 8. Aufl. 2006, § 89, Rdn. 48).“

In der hier angefochtenen Verfügung heißt es, dass Trocknungsmaßnahmen an sämtlichen feuchten Wänden und Dachschrägen innerhalb des Gebäudes, die Reparatur der Fußböden bzw. Fußbodenbeläge sowie die Beseitigung des Schimmelbefalls und sonstiger Verunreinigungen durchzuführen seien. Diese Anforderungen sind zu unbestimmt. Ihnen ist nicht zu entnehmen, was für Maßnahmen der Antragsteller ergreifen soll. Im Falle der Nichtbefolgung sind sie somit auch nicht vollstreckbar. Es sind keine Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt worden. Von der Intensität der Feuchtigkeitsschäden hängt jedoch ab, welche Maßnahmen zu ihrer Beseitigung geboten sind. Das Gleiche gilt auch für die Schimmelbeseitigung. „Ohne eine vorherige Bestandsaufnahme der durch Feuchtigkeit bedingten Schäden, bei der über eine Sichtkontrolle hinaus auch – soweit geboten – einzelne Schadensbereiche freigelegt werden und Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt werden, sind die angeordneten Trocknungs-, Reparatur- und Beseitigungs-Maßnahmen zu allgemein gehalten und zu unbestimmt, um sie auch – im Falle der Nichtbefolgung – ggf. vollstrecken zu können.“

Darüber hinaus darf die Denkmalschutzbehörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur Maßnahmen anordnen, die geeignet sind, den angestrebten Zweck, nämlich die Sicherung des Denkmals, auch zu erreichen. „Bei der derzeitigen Sachlage müssen die – ohne weitere Untersuchung der Bausubstanz – angeordneten Maßnahmen zusätzlich auch als ungeeignet angesehen werden.“

Schließlich greift der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Frage auf, ob die angeordneten Maßnahmen überhaupt wirtschaftlich zumutbar sind. Ob dies der Fall ist, kann jedoch zur Zeit noch nicht beurteilt werden.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„1. Eine denkmalschutzrechtliche Instandsetzungsverfügung muss hinreichend bestimmt – und damit vollstreckbar – sowie geeignet sein.

2. An der Geeignetheit fehlt es, wenn die Beseitigung von Wasserschäden im Innern des Gebäudes gefordert wird, ohne dass ausreichende Maßnahmen zur Abdichtung des Gebäudes von außen gegen Niederschlagswasser verfügt werden.“

VG Lüneburg vom 01.11.2010, Az.: 2 B 73/10


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