(ip/pp) In einem aktuellen Verfahren vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG) ging es um die Voraussetzungen für entgangenen Gewinn bei Produktionsausfällen. Der Beklagte war Insolvenzverwalter eines in Vermögensverfall geratenen Bauunternehmens. Diese hatte von der Klägerin den Auftrag erhalten, in ihrem Werk Tiefbauarbeiten durchzuführen. Bei der Ausführung von Rammarbeiten wurde ein im Boden befindliches Kabel beschädigt. Die Klägerin machte geltend, der durch die Beschädigung des Kabels verursachte Stromausfall habe zu einer Kette von Ereignissen geführt, die letztlich bei ihr einen Schaden in Höhe von gut 860.000,- Euro verursacht hätten. Der Stromausfall habe nämlich die automatische Schließung von drei zentralen Versorgungsleitungen nach sich gezogen. Wegen des durch die Schließung dieser Leitungen bewirkten Energieengpasses sei es zu einem Ausfall verschiedener Prozessanlagen bzw. zu einer Fehlproduktion der in diesen Anlagen hergestellten chemischen Produkte gekommen.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Er bestritt die von der Klägerin behaupteten Auswirkungen der Beschädigung des Kabels, insbesondere die Ursächlichkeit der Beschädigung der Kabeltrasse für den Ausfall von Produktionsanlagen über teilweise längere Zeit. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund die Klägerin diese Anlagen nach der Behebung des Kabelschadens nicht alsbald wieder störungsfrei in Betrieb habe setzen können. Im Übrigen habe die Klägerin auch keine Nachfrage von Kunden nach den angeblich ausgefallenen Produkten dartun können, die aufgrund der Produktionsausfälle nicht habe befriedigt werden können. Jedenfalls hätte die Klägerin solche Kunden aus Lagerbeständen beliefern können und müssen.

Das OLG entschied:

1. Nach § 252 Satz 2 BGB gilt derjenige Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder den besonderen Umständen des Streitfalls mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann.

2. Kommt es zu einem Produktionsausfall, so kann dies unter Heranziehung der Betriebsergebnisse aus den Vorjahren dargelegt werden.

3. Vorzutragen sind Anknüpfungstatsachen, bei deren Vorliegen die in § 252 Satz 2 BGB enthaltene Vermutung eingreift.

4. Dies kann geschehen, indem dargelegt wird, bis zum Schadenstag und danach habe die Klägerin an Waren nicht mehr produziert und produzieren können, als sie am Markt habe absetzen können.

5. Ebenso kann dargelegt werden, welche Kunden konkret wegen Produktionsausfall nicht beliefert werden konnten und welche Gewinne deshalb ausgeblieben sind.

6. Ein Sachverständiger kann im Einverständnis mit den Parteien und dem Gericht eigene Ermittlungen anstellen, um den Sachverhalt zu klären, den er letztlich zu begutachten hat. Dazu darf er auch Personen befragen.

7. Die Übernahme der von einer Partei genannten Einheitspreise ist dem Sachverständigen jedoch nur dann gestattet, wenn die Gegenpartei nicht widerspricht.

8. Ansonsten muss eine Überprüfung von Einheitspreisen bzw. Reparaturkosten anhand von Originalunterlagen durch den Sachverständigen erfolgen.

OLG Köln, Az.: 22 U 87/07?