(ip/RVR) Die Kostengläubigerin beurkundete im November 2007 einen Kaufvertrag, durch den die Verkäuferin mehrere Grundstücke an die Kostenschuldnerin veräußerte. Bezüglich des Kaufpreises wurde vereinbart: 'Der Nettokaufpreis beträgt EUR 2.960.000 (...) Die Verkäuferin erklärt hiermit den Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs.1 UStG für das Kaufobjekt und optiert insoweit zur Umsatzsteuer (...) Die Verkäuferin weist die Käuferin darauf hin, dass die Käuferin zusätzlich zum Kaufpreis gem. § 13b Abs.1 Ziff.3 UStG die auf den Kaufpreis entfallende Umsatzsteuer in der jeweiligen gesetzlichen Höhe zu tragen hat und die Käuferin gem. § 13b Abs.2 UStG insoweit alleinige Steuerschuldnerin gegenüber den Finanzbehörden ist.' Die Kostengläubigerin setzte gegenüber der Kostenschuldnerin die Kosten für die Beurkundung des Kaufvertrages an. Als Geschäftswert legte sie den Nettokaufpreis zzgl. 19% USt. zugrunde. Die Kostenschuldnerin erhob gegen die Kostenberechnung Beschwerde und machte geltend, als Geschäftswert sei lediglich der Nettokaufpreis (ohne Umsatzsteuer) anzusetzen.

Der V. Zivilsenat des BGH führte hierzu aus: Zwar handelt es sich bei der Umsatzsteuer nach der ständigen Rechtsprechung des BGH um einen rechtlich unselbstständigen Teil des vereinbarten bürgerlichrechtlichen Entgelts, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Das gilt auch dann, wenn der Käufer - wie hier die Kostenschuldnerin (§ 2 Abs.1, § 15 UStG) - zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch auf Fälle, in denen - wie regelmäßig (vgl. § 13a Abs.1 Nr.1 i.V.m. § 1 Abs.1 Nr.1 UStG) - der Verkäufer im Verhältnis zur Finanzbehörde zur Entrichtung der Umsatzsteuer verpflichtet war.

Nach den zum 1.April 2004 in Kraft getretenen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 schuldet nunmehr bei Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, der Käufer gegenüber der Finanzbehörde die Umsatzsteuer (§ 13b Abs.2 Nr.3, Abs.5 Satz 1 UStG bzw. § 13b Abs.1 Satz 1 Nr.3, Abs.2 Satz 1 UStG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005), wenn der Verkäufer auf die insoweit nach § 4 Nr. 9a UStG bestehende Steuerbefreiung verzichtet (§ 9 Abs.1 UStG) und es sich bei dem Käufer um einen Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt (§ 13b Abs. 5 Satz 1 UStG bzw. § 13b Abs.2 Satz 1 UStG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005).

Die Frage, ob auch bei solchen Grundstückskaufverträgen, deren umsatzsteuerliche Abwicklung sich nach dem seit dem 1.April 2004 geltenden Recht richtet, die Umsatzsteuer weiterhin grds. als Teil des Kaufpreises anzusehen ist, wird unterschiedlich beantwortet. Vorherrschend ist die Auffassung, dass auf Grund der unmittelbaren gesetzlichen Steuerschuld des Grundstückserwerbers von diesem grundsätzlich keine vertragliche Verpflichtung zur Umsatzsteuerzahlung gegenüber dem Verkäufer übernommen werde. Auch für die Grunderwerbsteuer wird einhellig davon ausgegangen, dass die bei einem Grundstückskauf anfallende Umsatzsteuer nicht zum Kaufpreis zählt und daher auch nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage (vgl. § 8 Abs.1, § 9 Abs.1 Nr.1 GrEStG) einzubeziehen ist. Der Senat hält diese Auffassung für zutreffend und stellt mithin fest, dass die bei einem Grundstücksverkauf anfallende Umsatzsteuer seit der Änderung des Umsatzsteuergesetzes durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 nicht mehr Teil des Kaufpreises ist, wenn keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde. Ist die Umsatzsteuer von dem Verkäufer an die Finanzbehörde zu entrichten, erscheint es gerechtfertigt, Aufwendungen, die dem Verkäufer in Erfüllung seiner Steuerpflicht entstehen, grundsätzlich als Bestandteil des durch den Käufer zu zahlenden Entgelts anzusehen.

Trifft aber auf Grund der umsatzsteuerrechtlichen Regelung die Steuerpflicht unmittelbar den Käufer, wird der Leistungsaustausch zwischen den Parteien durch die Umsatzsteuerpflichtigkeit des Vorgangs nicht berührt. Es besteht daher auch keine Veranlassung, die Umsatzsteuer als Teil der schuldrechtlichen Gegenleistung zu betrachten, sofern nicht die Parteien eine hiervon abweichende Regelung treffen. Ein Interesse des Verkäufers, den Käufer erforderlichenfalls auf Erfüllung seiner steuerrechtlichen Verpflichtung in Anspruch nehmen zu können, ist nicht zu erkennen - seine Rechtsstellung wird für den Fall, dass eine Umsatzsteuerzahlung durch den Käufer ausbleibt, nicht nachteilig betroffen. Die Rechtslage ist im Ansatz derjenigen bei der Grunderwerbsteuer vergleichbar, für die der Käufer ebenfalls - wenn auch gesamtschuldnerisch neben dem Verkäufer (§ 13 Nr.1 GrEStG i.V.m. § 44 Abs.1 AO) - gegenüber der Finanzbehörde als Steuerschuldner einzustehen hat. Die Grunderwerbsteuer, zu deren Übernahme sich der Käufer regelmäßig gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, zählt nach allgemeiner Auffassung nicht zu dem zivilrechtlichen Kaufpreis, unabhängig davon, ob insoweit eine Zuordnung zu den Erwerbsnebenkosten im Sinne des § 448 Abs. 2 BGB vorzunehmen ist.

Damit ist auch die in dem hier zugrunde liegenden Grundstückskaufvertrag anfallende Umsatzsteuer kein Bestandteil des Kaufpreises, sodass sich der Geschäftswert nach § 20 Abs.1 Satz 1 KostO ausschließlich nach dem Nettokaufpreis richtet. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich insbesondere nicht aus dem im Notarvertrag enthaltenen Hinweis auf die Steuerpflicht der Kostenschuldnerin, welche dieser lediglich die nachteiligen Rechtsfolgen vor Augen führen soll, die mit der Erklärung der Verkäuferin für sie verbunden sind.
Weiters stellte der Senat fest, dass die Beurkundung des Verzichts keine Auswirkungen auf die anfallenden Notargebühren hat. Ein Grundstückskauf und der dazu erklärte Verzicht des Verkäufers auf Umsatzsteuerbefreiung (§ 9 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 UStG) haben denselben Gegenstand.

Der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung gem. § 9 Abs.1 UStG ist eine einseitige Erklärung des Verkäufers i.S.d. § 36 Abs.1 KostO, deren Beurkundung nur dann gebührenrechtlich relevant wäre, wenn der Verzicht und der gleichzeitig beurkundete Kaufvertrag (§ 36 Abs.2 KostO) einen verschiedenen Gegenstand hätten (vgl. § 44 Abs.2 Buchst. b KostO). Verzicht und Kaufvertrag betreffen indes denselben Gegenstand. Derselbe Gegenstand i.S.v. § 44 Abs.1 Satz 1 KostO ist gegeben, wenn sich die Erklärungen auf dasselbe Recht oder Rechtsverhältnis beziehen oder wenn sich, bei mehreren Rechtsverhältnissen, aus der Gesamtheit der Erklärungen ein Hauptgeschäft heraushebt und das weitere Rechtsgeschäft mit diesem in einem engen, inneren Zusammenhang steht. Letzteres ist hier der Fall. Kern des notariellen Vertrags bilden hier die für die beabsichtigte Veräußerung mehrerer Grundstücke abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärungen. Der weiterhin beurkundete Verzicht der Verkäuferin auf die Steuerbefreiung steht zwar in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Kaufvertrag, sie begleitet dessen Abschluss, tritt aber in seiner rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung hinter diesen zurück.

BGH vom 02.12.2010, Az. V ZB 52/10


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