(IP/CP) Es ging vor dem Oberlandesgericht (OLG Düsseldorf) in einem aktuellen Verfahren um die räumlichen Grenzen - des Kreises der Betroffenen - im Nachbarschaftsrecht. Die Klägerin machte Schadensersatzansprüche wegen des Abrisses und Neubaus eines von der Beklagten errichteten Geschäftshauses mit Tiefgarage geltend. U. a. durch die Errichtung einer Bohrpfahlwand wären erhebliche Schäden an Häusern entstanden.

Das OLG bestätigte diesen Tatbestand, weitete den Kreis der Anspruchsberechtigten aber noch über den Kreis der eigentlichen „Nachbarn“ aus: Anspruchsberechtigt wären grundsätzlich nicht allein die unmittelbaren Grundstücksnachbarn, da das BGB keine eigentliche Beschränkung auf das Nachbarverhältnis der Grundstückseigentümer vorsehe. Es umfasse schon nach seinem Wortlaut z.B. die Zuführung unwägbarer Stoffe von einem "anderen", also nicht notwendig von dem unmittelbar angrenzenden Nachbargrundstück. So etwas breitete sich von Natur her nicht nur bis zur nächsten Grundstücksgrenze, sondern darüber hinaus auch in die weitere Nachbarschaft aus.

Der Leitsatz fasst zusammen: „Ein verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend ... BGB besteht, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Nutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die zwar rechtswidrig und nicht zu dulden sind, die der betroffene Eigentümer jedoch aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht unterbinden kann, und die dadurch entstehenden Nachteile das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überschreiten. ... Der Ausgleichsanspruch ist nicht auf die Folgen der Zuführung unwägbarer Stoffe beschränkt, sondern hat auch andere Störungen, insbesondere Schädigungen wegen einer unzulässigen Vertiefung und Erschütterungen (hier: durch Setzen einer Bohrpfahlwand), zum Gegenstand. ... Anspruchsberechtigt sind nicht nur die unmittelbaren Nachbarn, sondern der Kreis derjenigen, die in einer räumlichen und zeitlichen Beziehung zum emittierenden Grundstück stehen.

OLG Düsseldorf, AZ.: 9 U 138/11


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