(ip/RVR) Aufgrund des Risikobegrenzungsgesetzes ist eine abweichende Bestimmung der Mindestkündigungsfrist von sechs Monaten bei Sicherungsgrundschulden nicht mehr möglich, während vor dem 20. August 2008 eingetragene Grundschulden üblicherweise jederzeit fällig waren.

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 10.6.2010 – V ZB 23/10 für die Auswirkungen auf Gesamtgrundschulden folgende Leitsätze aufgestellt:

a) Eine Gesamtgrundschuld kann an den einzelnen Grundstücken mit unterschiedlichen Fälligkeitsbedingungen bestehen. Wird eine vor dem 20. August 2008 bestellte Sicherungsgrundschuld auf ein anderes Grundstück erstreckt, gilt die durch das Risikobegrenzungsgesetz eingeführte zwingende Fälligkeitsbestimmung des § 1193 BGB nur für die Belastung des nachverpfändeten Grundstücks.

b) Eine Gesamtgrundschuld entsteht nicht, wenn der Belastungsgegenstand verschiedener Grundschulden wechselseitig ausgetauscht werden soll (Pfandtausch).

Zuerst einmal hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach es sich bei der Pfanderstreckung hinsichtlich des zusätzlich verpfändeten Grundstücks um die neue Bestellung einer Grundschuld handelt, sodass insoweit die neue Mindestkündigungsfrist gilt.

Rückwirkungen auf die bereits eingetragenen Grundschulden hat der BGH mit Hinweis auf den Willen des Gesetzgebers abgelehnt.

Die demzufolge nicht mehr gegebene einheitliche Ausgestaltung ist aufgrund der Rechtsnatur eines Gesamtgrundpfandrechts nach Auffassung des BGH insbesondere für die Fälligkeitsbestimmung auch nicht zwingend geboten. Auch hier nimmt der Bundesgerichtshof Bezug auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei einem Gesamtgrundpfandrecht die einzelnen Belastungen sich nicht lückenlos entsprechen müssen, sondern gewisse Abweichungen zulässig sind. Dies gilt insbesondere für unterschiedliche Rangverhältnisse, aber auch beispielsweise für die Fragen, ob ein gesetzlicher Löschungsanspruch in Einzelfällen besteht oder eine Zwangsvollstreckungsunterwerfung nicht für alle Grundstücke vorgenommen wurde.

Betont wurde allerdings die Schutzbedürftigkeit des Grundstückseigentümers vor der Gefahr, dass der Haftungszusammenhang zum Beispiel durch Verfügung des Gläubigers aufgelöst wird und die auf den einzelnen Grundstücken ruhenden Belastungen fortan rechtlich getrennte Wege gehen, sodass die entstehenden Einzelbelastungen in der Summe über den Betrag des Gesamtgrundpfandrechts hinausgehen. Dem wird jedoch ausreichend durch Eintragung eines Mithaftvermerks (§ 48 Grundbuchordnung) an jedem der belasteten Grundstücke sowie insbesondere der materiellrechtlich notwendigen Gläubigeridentität entgegengewirkt.

Ein abweichender Zeitpunkt hinsichtlich der Fälligkeit birgt nach Auffassung des BGH lediglich die Gefahr, dass die Grundschuld auf einem einzelnen Grundstück zu einem früheren Zeitpunkt als auf einem anderen eintritt, was sich nicht negativ auswirke. Auch mögliche Ausgleichsansprüche im Innenverhältnis der Eigentümer sind nicht tangiert, denn sie sind nicht gesetzlich geregelt, sondern ergeben sich aus den im Einzelfall getroffenen schuldrechtlichen Vereinbarungen.

Abschließend empfiehlt der BGH, solcherart entstehende unterschiedliche Kündigungsfristen durch einen Klarstellungsvermerk im Grundbuch zu kennzeichnen. Unter dieser Voraussetzung kann dem BGH nur beipflichtet werden, denn in der Praxis werden auch bei Gesamtgrundschulden die einzelnen Grundstücke oft in völlig verschiedenen Verfahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten versteigert, sodass praktische Probleme nicht zu erwarten sind.

BGH vom 10.06.2010, Az. V ZB 22/10


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