(IP/CP) Inwieweit ein vermeintlicher Bordellbetrieb in einem ansonsten von Arzt- und Physiotherapiepraxen genutzten Gewerbegebäude einen Mangel an der Mietsache darstelle, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell zu entscheiden. Der Physiotherapeut hatte auf Mietminderung geklagt, da es sich seiner Meinung nach beim in einer separaten Etage betriebenen Massageinstitut um einen Bordellbetrieb handele und es keine Rolle spielen könne, ob bei den dargestellten "Behandlungen" des Massageinstituts der Geschlechtsakt nicht im eigentlichen Sinne vollzogen werde und dass die Ausgestaltung der "Behandlungen" Elemente fernöstlicher erotischer Massage einbezogen würden. Auch der Umstand, dass die "Behandlungen" das körperliche Wohlbefinden der Kunden steigerten, mache aus dem Betrieb noch keinen gesundheitsorientierten Therapiebetrieb. Seine zumeist älteren Kunden könnten sich belästigt fühlen – und auch die Jugend würde sittlich gefährdet.

Dem widersprach der BGH. Unter einem Mangel sei eine für den Mieter nachteilige erhebliche Abweichung des tatsächlichen Zustandes des Mietgegenstandes vom vertraglich vereinbarten zu verstehen. Erforderlich sei dabei stets eine unmittelbare Beeinträchtigung von dessen Gebrauchstauglichkeit, wohingegen Umstände, die die Eignung der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch nur mittelbar berührten, nicht als Mängel zu qualifizieren wären. „Welche Soll-Beschaffenheit eine Mietsache aufzuweisen hat, bestimmt sich in erster Linie nach der Parteivereinbarung. Die Vertragsparteien bestimmen durch die Festlegung des dem Mieter jeweils geschuldeten vertragsgemäßen Gebrauchs, welchen Zustand die vermietete Sache spätestens bei Überlassung an den Mieter und von da ab während der gesamten Vertragsdauer aufweisen muss. Ist keine ausdrückliche Regelung zum "Soll-Zustand" getroffen, muss anhand von Auslegungsregeln ... geprüft werden, was der Vermieter schuldet.“

Das oberste Gericht fasst zusammen: „Deshalb hat ein Mieter ohne eine entsprechende vertragliche Vereinbarung in der Regel keinen Anspruch gegen den Vermieter, einen bestimmten "Mietermix" oder ein bestimmtes "Milieuniveau" zu bewahren.... Erst wenn bei einem Mieter eine konkrete und mehr als nur unerhebliche ... Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache eintritt, liegt ein Mangel der Mietsache vor, der ... zur Minderung der Miete führt.“

BGH, AZ.: XII ZR 122/11


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