(ip/pp) Um u. a. das Problem einer neuen Preisgestaltung bei Leistungsänderung im Bauvertrag ging es aktuell vor dem Bundesgerichtshof. Die Klägerin machte Mehrkosten für die Erstellung der Baugrube einer Schleuse geltend. Die Klägerin, eine ARGE, wurde von der Beklagten nach öffentlicher Ausschreibung mit den Bauarbeiten zur Errichtung der Schleuse beauftragt. Zum Baugrund lagen den Bietern diverse Gutachten und Stellungnahmen der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) vor

Die Arbeiten wurden ausgeführt und abgenommen. Eine Schlussrechnung wurde nicht erstellt. Die Klägerin verlangte Mehrvergütung für Mehrzement und erhöhten Suspensionsrückfluss. Der Auftrag sah als Baugrube eine Unterwasserbetonsohle mit Rückverankerung durch GEWI-Pfähle vor. Ein Nebenangebot der Klägerin, das eine Aussteifung und eine HDI-Sohle der Baugrube vorsah, war von der Beklagten abgelehnt worden. Im Rahmen der Ausführung bot die Klägerin als Nachtragsangebot anstelle der beauftragten 1,50 m starker Unterwasserbetonsohle eine HDI-Sohle als "ideale Ergänzung" an. Die Beklagte erteilte darauf als Nachtrag zum Hauptauftrag einen Auftrag für dieses Angebot "unter dem Vorbehalt der Genehmigung der Zulassung im Einzelfall für das Pfahlsystem Soil-Jet-Gewi einschließlich der Verbundkonstruktion am Pfahlkopf" – und wies darauf auch noch schriftlich darauf hin, dass der Vorbehalt, der bereits in demselben Wortlaut bei der fernmündlichen Genehmigung ausgesprochen worden sei, erst mit Vorlage der vorgenannten Genehmigung als ausgeräumt gelte. Mit dem Nachtrag sollten Minderkosten in Höhe von 305.000,- Euro entstehen.

Lediglich für die HDI-Sohle bestand eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung. Der Rest musste noch eingeholt werden. U. a. das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen genehmigte aber die beantragten Änderungen und es kam zur Bauausführung. Die Klägerin machte darauf Vergütungsansprüche für Mehrzement und erhöhten Rückfluss in Höhe von ca. 10.000,- Euro zuzüglich Zinsen geltend. Sie war der Meinung, diese Kosten seien nicht vom vertraglich geschuldeten Leistungsumfang erfasst. Jedenfalls schulde die Beklagte die Mehrkosten, weil sie das Risiko des von den vertraglichen Grundlagen abweichenden Baugrunds trage.

Diese Vergütungsansprüche sowie weitere nicht in den Rechtsstreit einbezogene Folgekosten meldete die Klägerin als Nachtragsangebote an. Sie stellte diese zunächst in die geprüften Abschlagsrechnungen ein. Es erfolgte kein Ausgleich durch die Beklagte. Darauf wurden diese Positionen in eine weitere Abschlagsrechnung eingebracht - ?und dann geklagt.

Das Landgericht hat die Klage für zulässig gehalten, jedoch als unbegründet abgewiesen, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ansprüche auf Ersatz der Mehrkosten zustünden, die auf der tatsächlichen Beschaffenheit des Bodens im Bereich der unteren Sande (extreme Dichte und extreme Schwankungen) beruhten.

In letzter Instanz entschied der BGH:

„1. Der Anspruch auf Abschlagszahlung kann dann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftragnehmer die Schlussrechnung gestellt hat (Bestätigung von BGH, Urteil vom 15. April 2004 - VII ZR 471/01, IBR 2004, 361 = BauR 2004, 1146 = NZBau 2004, 386 = ZfBR 2004, 552).

2. Gleiches gilt, wenn die Abnahme erfolgt ist, die Leistung des Auftragnehmers fertig gestellt ist und die Frist abgelaufen ist, binnen derer der Auftragnehmer gemäß § 14 Nr. 3 VOB/B die Schlussrechnung einzureichen hat. Daran ändert nichts, dass eine Klage auf Abschlagszahlung bereits erhoben worden ist. Diese Klage kann, auf eine Schlussrechnung gestützt, fortgeführt werden.

3. Eine Fertigstellung im Sinne von § 14 Nr. 3 VOB/B liegt vor, wenn der Auftragnehmer die vertraglichen Leistungen erbracht hat. Die Abnahme indiziert die Fertigstellung regelmäßig auch dann, wenn Restleistungen fehlen. Fehlen wesentliche Restleistungen, kann sich aus deren Gewicht und den Bauumständen ergeben, dass die Leistung noch nicht fertig gestellt ist.

4. Die Abschlagsforderung ist grundsätzlich aus der Differenz zwischen der Vergütung für die erbrachten, nachgewiesenen Leistungen und bereits geleisteten Zahlungen zu berechnen. Eine isolierte Durchsetzung der Vergütung für einzelne Positionen kommt nur in Betracht, wenn in deren Höhe ein positiver Saldo festgestellt werden kann (im Anschluss an BGH, Urteil vom 9. Januar 1997 - VII ZR 69/96, IBR 1997, 182 = BauR 1997, 468 = ZfBR 1997, 186).
5. Eine Forderung aus § 2 Nr. 5 VOB/B kann grundsätzlich nicht in der Weise berechnet werden, dass lediglich bestimmte Mehrkosten geltend gemacht werden, ohne den sich aus einer Änderung des Bauentwurfs oder einer anderen Anordnung des Auftraggebers ergebenden neuen Preis darzulegen, der unter Berücksichtigung sämtlicher Mehr- und Minderkosten zu ermitteln ist.

6. Sind in einem der Ausschreibung beiliegenden Bodengutachten bestimmte Bodenverhältnisse beschrieben, werden diese regelmäßig zum Leistungsinhalt erhoben, wenn sie für die Leistung des Auftragnehmers und damit auch für die Kalkulation seines Preises erheblich sind. Ordnet der Auftraggeber die Leistung für tatsächlich davon abweichende Bodenverhältnisse an, liegt darin eine Änderung des Bauentwurfs, die zu einem Anspruch auf eine veränderte Vergütung gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B führen kann.

7. Gibt der Auftragnehmer ein funktionales Angebot für eine von dem Vertrag abweichende Ausführung von Gründungsarbeiten ab, für die eine von ihm einzuholende öffentlich-rechtliche Zustimmung im Einzelfall (Z.i.E.) notwendig ist, kann dessen Annahme durch den Auftraggeber unter dem Vorbehalt, dass die Z.i.E. erteilt wird, nicht dahin ausgelegt werden, der Auftraggeber wolle das funktionale Angebot in ein detailliertes Angebot in der Weise ändern, dass die Auflagen der zunächst erteilten Z.i.E. den Vertragsinhalt bestimmen und die sich aus weiteren Auflagen ergebenden Mehrkosten von ihm zu übernehmen sind (hier: Nachtrag zur Z.i.E. für das Pfahlsystem Soil-Jet-Gewi einschließlich Verbundkonstruktion am Pfahlkopf mit einer HDI-Sohle).

8. Entscheidet ein erstinstanzliches Gericht bewusst, eine bestimmte Forderung sei nicht anhängig gemacht worden, wird die möglicherweise gleichwohl gegebene Anhängigkeit hinfällig, wenn das Urteil insoweit nicht angefochten wird. Der Kläger kann die Sache erneut anhängig machen.“

BGH, Az.: VII ZR 205/07