(ip/pp) Um das Thema – “Rechtsmittelbelehrung im Zwangsversteigerungsverfahren” ging es in einem aktuellen Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der betreffende Schuldner und seine Ehefrau waren je zur Hälfte Miteigentümer eines Grundstücks, dessen Zwangsversteigerung angeordnet- und dessen Verkehrswert auf 900.000,- Euro festgesetzt worden war.

In dem Termin vom 7. Februar 2008 bot ein Bieter 320.000,-. Weitere Gebote erfolgten nicht. Der Zuschlag wurde gemäß § 85a Abs. 1 ZVG versagt. Ein neuer Termin zur Versteigerung wurde bestimmt. Es erfolgte wiederum nur ein Gebot eines Beteiligten, der 315.000,- Euro bot. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag wurde auf den 11. Juni 2008 bestimmt. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2008 beantragte der Schuldner die "Zurückversetzung des Verfahrens in den Stand vom 7. Februar 2008" und die "Wiedereinrichtung der Bietgrenzen". Zur Begründung machte er geltend, der zweite Bieter sei Mitarbeiter des ersteren Bieters. Der habe im ersteren Termin nur deshalb ein Gebot abgegeben, um die in § 85a Abs. 1 ZVG bestimmte Grenze zu Fall zu bringen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 11. Juni 2008 das Grundstück dem zweiten Bieter zugeschlagen. Es hat ausgeführt, das Gebot sei zu Recht zugelassen worden, weil dieser nicht als Vertreter des ersten Bieters an dem Termin vom 7. Februar 2008 teilgenommen habe.

Am 14. Juli 2008 hatte der Schuldner daraufhin Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gestellt. Zur Begründung machte er geltend, § 98 ZVG habe er nicht gekannt. Ein Migräneanfall habe ihn daran gehindert, die fertig gestellte Beschwerde noch am 25. Juni 2008 per Fax zu versenden. Auf den Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist hingewiesen, hat der Schuldner am 29. Juli 2008 Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist beantragt.

Der BGH entschied: “1. Für die gemäß §§ 869, 793 ZPO befristeten Rechtsmittel in Zwangsversteigerungsverfahren ergibt sich unmittelbar aus der Verfassung das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung.

2. Unterbleibt die Rechtsmittelbelehrung, steht dies weder der Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung noch dem Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist entgegen.

3. Ist der Belehrungsmangel für die Versäumung der Rechtsmittelfrist ursächlich, ist bei der Prüfung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fehlendes Verschulden des Rechtsmittelführers unwiderleglich zu vermuten.”

BGH, Az.: V ZB 174/08