(ip/RVR) Kürzlich entschied der Bundesgerichtshof über die Änderung des Umlagenschlüssels durch die Eigentümerversammlung.

Die Klägerin focht den einstimmigen der 53 von 68 Mitgliedern vertretene Beschluss der Eigentümerversammlung vom Juli 2007, betreffend der Entlastung des Beirats bzw. der Verwaltung, der rückwirkenden Änderung des Umlageschlüssels, an. „Die Gebäudezuführungsrücklage, Hausmeister und Sach- und Haftpflichtversicherung“ sollten nach Miteigentumsanteilen und das Verwalterhonorar nach Einheiten aufgeteilt werden. Die Klage wurde vom Amtsgericht abgewiesen. Infolge Berufung der Klägerin gab das Landgericht dieser statt. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten, die die Herstellung des erstinstanzlichen Urteils verfolgt.

Der Bundesgerichtshof wies die Revision als unbegründet zurück.

Der Senat bestätigt das Landgericht dahingehend, dass es die angefochtenen Beschlüsse für ungültig erklärte.
Denn „die nicht auf dem von der Teilungserklärung vorgegebenen Abrechnungsschlüssel beruhende Abrechnung 2006 entspricht nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung.“

So führt der Senat aus, dass die Möglichkeit der Änderung des Umlageschlüssels durch Mehrheitsbeschluss aus § 16 Abs. 3 WEG den Wohnungseigentümern zusteht. Dies folgt aus dem Gesetzesentwurf zu § 16 Abs. 3 WEG der die Abänderungsmöglichkeit der vereinbarten Abrechnungsschlüssel vorsieht und durch mit § 16 Abs. WEG bestätigt. Jedoch ergibt sich nicht aus dem Gesetzt, dass die Beschlusskompetenz betreffend der rückwirkenden Regelungen ausgenommen sein soll. Dies widerspräche der gewollten Stärkung der Privatautonomie der Wohnungseigentümer. Allerdings ist hiervon zu unterscheiden, ob diese Regelung einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Durch den Gesetzgeber ist auf das Rückwirkungsverbot nach § 556a Abs. 2 BGB nicht verwiesen worden. Auch besteht für die vorliegenden Kosten kein striktes Rückwirkungsverbot.

Jedoch ändert es „nichts daran, dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die bis zu einer Änderung des Verteilungsschlüssels angefallenen Kosten nach dem bis dahin geltenden (bisherigen) Schlüssel umgelegt werden.“ So darf nicht in abgeschlossene Abrechnungen rückwirkend eingegriffen werden.
Nur bei dem Vorliegen besonderer Umstände wäre eine Abweichung hiervon möglich. Dies wäre der Fall, wenn der bisherige Abrechnungsschlüssel unbrauchbar oder großen Umfang unpraktikabel ist bzw. dieser grob unbillige Resultate ergibt. Die beklagten Wohnungseigentümer sind hierfür darlegungs- und beweispflichtig.
Allerdings ist dies bei laufenden Abrechnungszeiträumen anders, wenn kein sich kein schutzwürdiges Vertrauen herausbildete (Wirtschaftsplan noch nicht beschlossen oder die Abrechnung in der Schwebe). Geleistete Vorschusszahlungen auf Basis des bisherigen Verteilungsschlüssels, begründen kein schützwürdiges Vertrauen.

So dass vorliegend „eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüssels für das bereits abgelaufene Wirtschaftsjahr 2006 keinen Bestand“ haben kann. Etwaige besondere Umstände sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Im Übrigen bestätigte der Senat das Landgericht bei der Beanstandung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan 2007. denn es steht bereits der „wirksamen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels zur Ansammlung der sog. Gebäudezuführungsrücklage“ entgegen, dass es sich hier nicht um Einzelfallregelung handelt nach § 16 Abs. 4 WEG und „erschöpft sich nicht in deren Vollzug, weil Instandhaltungsrückstellungen nicht für eine einzige Maßnahme, sondern für den zukünftigen – noch nicht konkret vorhersehbaren – Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf gebildet werden.“ Denn die „über den Einzelfall hinausreichende Änderung des Schlüssels ist nicht von der Beschlusskompetenz nach § 16 Abs. 4 WEG gedeckt und daher nichtig.“

Den weiteren Gründen des Bundesgerichtshofs ist zu entnehmen, dass „die Änderung des bisherigen, die Betriebs- und Verwaltungskosten betreffenden Umlageschlüssels nach § 16 Abs. 3 WEG scheitert daran, dass die aufgrund der Fortgeltungsklausel auch für künftige Fälle maßgebliche Abänderung nicht transparent gestaltet worden ist.“ Der neue Umlageschlüssel liegt nur dem Wirtschaftsplan zu Grunde, ohne darüber beschlossen zu sein, dass der in der Teilungserklärung vorgegebene Schlüssel geändert worden ist. So wird die Neuregelung anfechtbar.
Bereits aus der Einberufung der Eigentümerversammlung muss sich ergeben, dass die Änderung des Umlageschlüssels Teil der Beschlussfassung sein soll. Dies ist im zu entscheidenden Fall nicht erfolgt. Eine ausdrückliche Regelung über die Änderung des Verteilungsschlüssels ist dennoch erforderlich.
Auch vor dem Hintergrund, dass Sondernachfolger hieran gebunden werden. Einem Erwerbsinteressenten ist nicht zu zumuten, dass dieser prüft, ob der im Wirtschaftsplan bzw. Abrechnungen enthaltene Umlageschlüssel dem bisherigen entspricht. Eine Neuregelung des Kostenverteilungsschlüssels muss, so führt der Senat aus, „einem unverständigen und unbefangenen Leser bei der Durchsicht der Beschlusssammlung ohne weiteres auffallen.“ Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Aufgrund dessen sind die Beschlüsse über die Entlastung der Verwaltung und der Verwaltungsbeirats ungültig. Wie der Senat in einem früheren Fall entschied, wie im zu entscheidenden Sachverhalt der Fall ist, widerspricht dies „einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn eine fehlerhafte Abrechnung oder ein mangelhafter Wirtschaftsplan vorgelegt worden ist. Für die Entlastung des Verwaltungsbeirats gilt nichts anderes“

BGH vom 09.07.2010, Az. V ZR 202/09


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