(ip/RVR) Das OLG Stuttgart hat zu der Frage Stellung nehmen müssen, ob es zur Löschung einer Zwangshypothek im Grundbuch, welche wegen der Rückschlagsperre des § 88 InsO schwebend unwirksam geworden ist, der Löschungsbewilligung des Gläubigers bedarf. Das Gericht bejahte dies. Der Unrichtigkeitsnachweis nach § 22 Abs. 1 GBO durch den Insolvenzverwalter sei nicht ausreichend.

Der Insolvenzverwalter begehrte die Löschung von Zwangshypotheken, die im Grundbuch zulasten des Grundstücks des Gemeinschuldners eingetragen waren und stützte dies auf § 88 InsO (Rückschlagsperre). Der Antrag enthielt zum Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit seine Bestallungsurkunde, den Eröffnungsbeschluss sowie eine Bestätigung des Insolvenzgerichts über den Zeitpunkt des Eingangs des zur Insolvenzeröffnung führenden Anstrags. Die Gläubiger widersprachen ausdrücklich diesem Löschungsbegehren, woraufhin das Grundbuchamt dem Insolvenzverwalter per Zwischenverfügung unter Fristsetzung aufgab, die Löschungsbewilligung der Gläubiger gem. § 19 GBO beizubringen.

Gegen die Zwischenverfügung erhob der Verwalter Beschwerde, die das Grundbuchamt ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorlegte. Das Gericht wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

Ausgangspunkt war dabei die Rechtsprechung des BGH, wonach die von § 88 InsO betroffenen Sicherungen zwar gegenüber jedermann schwebend unwirksam würden, als Buchpositionen aber bestehen blieben. Die unwirksam gewordene Zwangshypothek könne dann innerhalb der vorhandenen Buchposition bei Wegfall der Verfügungsbeschränkung entsprechend § 185 Abs. 2 Satz 1 Var. 1 BGB neu aufleben. Dies sei auch wegen des von Art. 14 Abs. 1 GG erfassten Rechtsschutzanspruch des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung dergestalt geboten, die Vollstreckungsbeschränkung nur solange und soweit aufrechtzuerhalten, wie überwiegende Gründe dies zwingend erforderten.

In der grundbuchrechtlichen Literatur gehe man zwar überwiegend davon aus, dass es zur Löschung einer Zwangshypothek denn nur eines Unrichtigkeitsnachweises gem. § 22 GBO bedürfe. Die insolvenzrechtliche Literatur sei diesbezüglich unergiebig; auch die Rechtsprechung habe sich bislang entweder nicht zu der Frage äußern müssen oder in der Entscheidung darauf beschränkt, einen Unrichtigkeitsnachweis bei Wahrung des rechtlichen Gehörs des Gläubigers ausreichen zu lassen.

Das OLG Stuttgart meint nun, die Beschränkung auf einen Unrichtigkeitsnachweis bei den Löschungsvoraussetzungen führe zu einer erneuten Unrichtigkeit des Grundbuchs, weil dann das potentielle Wiederaufleben der gelöschten Zwangshypotheken nicht mehr aus dem Grundbuch hervorgehe. Die Buchposition des Gläubigers müsse als „betroffenes Recht“ im Sinne des § 19 GBO verstanden werden, mithin sei eine Löschungsbewilligung erforderlich. Allein dadurch werde die Wiederauflebe-Möglichkeit zugunsten aller betroffenen Zwangshypothekare unabhängig vom Verhalten des Insolvenzverwalters gewährleistet und dem verfassungsrechtlich zugestandenen Rechtsschutzanspruch der Gläubiger genügt.

Zudem bedürfe es auch der Zustimmung des Eigentümers gem. § 27 Satz 1 GBO in der Form des § 29 GBO, freilich im Falle der Insolvenz durch den Insolvenzverwalter selbst (§ 80 Abs. 1 InsO).


Da eine höchstrichterliche Entscheidung zu dieser Frage bislang nicht erging, hat das OLG Stuttgart die Rechtsbeschwerde zugelassen.

OLG Stuttgart vom 30.08.2011, Az. 8 W 310/11


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