(ip/RVR) Der VII. Senat des BGH befasste sich kürzlich einmal mehr mit dem Erfordernis der Setzung einer Frist zur Nacherfüllung gem. § 281 Abs. 1 BGB als Voraussetzung für das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung. In Streit stand der Schadensersatzanspruch eines Werkbestellers, mit dem der Besteller gegen den Werklohnanspruch eines Unternehmers für Trocknungsarbeiten zur Behebung eines Wasserschadens aufrechnen will.

Zur Durchführung der bestellten Trocknung waren Eingriffe in die Bausubstanz (Öffnung des Fliesenbelags) unvermeidlich. Der ausführende Unternehmer schuldete also nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen eine Maßnahme, die einerseits für eine effiziente Trocknung geeignet war und andererseits möglichst geringe Eingriffe in die Bausubstanz erforderte. Der Unternehmer wählte eigenverantwortlich und sehenden Auges Maßnahmen, die zwar die Trocknung des Gebäudes bewirkten, die jedoch die Bausubstanz erheblich mehr beschädigten als es notwendig gewesen wäre.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, dem Besteller stünde infolgedessen nicht Schadensersatz statt der Leistung zu, § 280 Abs. 3, § 281 BGB, sondern Schadensersatz neben der Leistung, § 280 Abs. 1 BGB; denn Auftragsinhalt (Hauptpflicht) sei allein die Trocknung des Gebäudes gewesen, nicht aber die Beseitigung der durch die Trocknung verursachten Schäden. Es handle sich hier folglich um die Verletzung einer Schutzpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, sodass der Schadensersatzanspruch des Bestellers aus § 280 Abs. 1 BGB folge, eine Fristsetzung nach § 281 Abs. 1 BGB nicht voraussetze und dem Besteller mithin ohne weiteres zustehe. Die Revision wurde zugelassen, weil die Frage der Abgrenzung von Haupt- und Nebenpflichtverletzung bei zwangsläufiger Substanzverletzung durch die Werkleistung grundsätzliche Bedeutung habe.

Wenn ein Unternehmer, der nach einem Wasserschaden in einem Gebäude damit beauftragt ist, den Fußbodenaufbau zu trocknen, und zu diesem Zweck den Fliesenbelag öffnen muss, eine Trocknungsmethode wählt, die zu größeren Schäden am Gebäude als erforderlich führt, ist der Schadensersatzanspruch des Bestellers nicht davon abhängig, dass er dem Unternehmer eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat – so entschied der VII. Senat des BGH. Auch wenn es sich um die Verletzung einer Leistungspflicht handelte, sodass das von dem Unternehmer geschuldete Werk mangelhaft war, ist die Setzung einer Frist zur Mängelbeseitigung hier nicht erforderlich, sodass der Schadensersatzanspruch (auch) nach § 280 Abs. 3, § 281 BGB bestünde: Der Schaden, den der Besteller durch die Vorgehensweise des die Trocknungsarbeiten ausführenden Unternehmers erlitten hat, kann durch eine Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden. Die Pflichtverletzung des Unternehmers bestand in der Wahl einer die Bausubstanz mehr als notwendig schädigenden Trocknungsmaßnahme. Der dadurch entstandene Schaden kann nicht mehr beseitigt werden, indem die ordnungsgemäße Erfüllungsleistung nachgeholt würde. Der Zweck der Fristsetzung, dem Unternehmer eine letzte Gelegenheit einzuräumen, das noch mit Mängeln behaftete Werk in den vertragsgemäßen Zustand zu versetzen, ehe an deren Stelle die ihn finanziell regelmäßig mehr belastenden anderen Mängelansprüche treten, war hier nicht mehr zu erreichen. Bei einer derartigen Sachlage ist die Setzung einer Frist zur Nachbesserung sinnlos, also entbehrlich. Es ist hier also nicht entscheidend, ob dem Besteller ein Schadensersatzanspruch neben der Leistung nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB oder statt der Leistung nach § 280 Abs. 3, § 281 BGB zusteht.

BGH vom 08.12.2011, Az. VII ZR 198/10


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