(ip/RVR) Mit beurkundetem Vertrag vom Juli 2007 verkaufte der Beklagte seiner Freundin Wohnungseigentum (Reihenhaus). Die Kläger sind ebenfalls Wohnungseigentümer in der Reihenhausanlage; zu ihren Gunsten ist in dem Grundbuch betreffend das Wohnungseigentum des Beklagten ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle eingetragen.

In § 15 des Vertrags zwischen dem Beklagten und seiner Freundin heißt es:
„Der Verkäufer behält sich das Recht vor, von diesem Vertrag zurückzutreten, wenn die Erklärung der Berechtigten ... über die Nichtausübung ihres Vorkaufsrechtes dem Notar nicht bis zum 01. August 2007 vorliegt.“

Die Kläger übten ihr Vorkaufsrecht mit Schreiben vom 13. August 2007 aus und verlangten die Übertragung des Wohnungseigentums, hilfsweise Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung, sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht hat sie - auf die Berufung des Streithelfers des Beklagten - abgewiesen.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts zielte die Vorkaufrechtsausübung der Kläger ins Nichts, weil der Kaufvertrag am 13. August 2007 nicht mehr bestand.

Zwar wurde der Kaufvertrag am 2. August 2007 von dem Beklagten und seiner Freundin einvernehmlich aufgehoben. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Aufhebung des Kaufvertrags habe den Fortfall des Rechts der Kläger zur Ausübung des Vorkaufsrechts zur Folge, ist jedoch verfehlt.

Das Gesetz knüpft das Entstehen des Rechts zur Ausübung des Vorkaufsrechts an das Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrags (§ 463 BGB). Der Kaufvertrag ist erst dann rechtswirksam zustande gekommen, wenn auch die für die Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigungen erteilt sind. Bis zu diesem Zeitpunkt können Verkäufer und Käufer den Kaufvertrag willkürlich aufheben und damit das Vorkaufsrecht gegenstandslos machen, denn der Vorkaufsberechtigte hat kein Recht auf den Eintritt des Vorkaufsfalls. Sobald aber der Kaufvertrag rechtswirksam zustande gekommen ist, kann eine (zeitlich nachfolgende) Vertragsaufhebung das Recht zur Ausübung des Vorkaufsrechts nicht mehr berühren. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts einmal vor, ist das daraus erwachsene Gestaltungsrecht des Vorkaufsberechtigen in seinem rechtlichen Fortbestand grundsätzlich unabhängig von dem rechtlichen Schicksal des Kaufverhältnisses zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten. Das Recht zur Ausübung des Vorkaufsrechts setzt somit allein das Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrags voraus; dessen spätere Aufhebung beseitigt den Vorkaufsfall nicht.

Danach kann die Vertragsaufhebung am 2. August 2007 das Recht der Kläger zur Ausübung des Vorkaufsrechts hier nur beseitigt haben, wenn bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht sämtliche für die Wirksamkeit des Kaufvertrags erforderliche Genehmigungen erteilt waren. Dazu hatte das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen; vielmehr ist es ohne weiteres von dem Wegfall des Vorkaufsrechts aufgrund der Aufhebung des Kaufvertrags ausgegangen.

BGH vom 01.10.2010, Az. V ZR 173/09


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