(ip/RVR) Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks, das sie mit notariellem Vertrag verkauft hat. Im Grundbuch ist eine Grundschuld zugunsten der Landesbank eingetragen. Die Antragstellerin beantragte die Löschung dieser Grundschuld. Hierzu legte sie dem Grundbuchamt eine gesiegelte Erklärung der Landesbank (im Folgenden: Zedentin) über die Abtretung eines erstrangigen Teilbetrags der Grundschuld an die Stadtsparkasse (im Folgenden: Zessionarin) mit der Bewilligung der Eintragung der Abtretung in das Grundbuch, sowie gesiegelte Bewilligungen der Zessionarin zur Löschung der abgetretenen (Teil-)Grundschuld und der Zedentin zur Löschung der verbliebenen (Teil-)Grundschuld vor. Das Grundbuchamt hat im Wege der Zwischenverfügung beanstandet, die Zessionarin sei nicht bewilligungsberechtigt, da sie mangels Eintragung die Grundschuld nicht erworben habe; eine Bewilligung der noch berechtigten Zedentin läge nicht vor. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag weiter.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und in der Sache begründet. Das Grundbuchamt ist anzuweisen, die Eintragung der Löschung nicht aus den in seiner Zwischenverfügung genannten Gründen zu versagen. Eine wirksame Bewilligung nach § 19 GBO zur Löschung des Grundpfandrechts durch die Zessionarin liegt entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts vor. Bewilligungsberechtigt ist nach § 19 GBO zwar nur derjenige, dessen grundbuchmäßiges Recht durch die vorzunehmende Eintragung nicht allein wirtschaftlich, sondern rechtlich beeinträchtigt wird oder zumindest rechtlich nachteilig berührt werden kann. Mangels Eintragung der Abtretung ist die Zessionarin noch nicht neue Grundschuldgläubigerin geworden (vgl. § 1154 Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 873, 878 BGB), sodass sie nicht Inhaberin des Rechts ist, welches von der Löschung beeinträchtigt würde. Sie kann somit nicht aus eigenem Recht die Löschung bewilligen.

Als Nichtberechtigte kann die Zessionarin die Löschung der Grundschuld aber mit Zustimmung der berechtigten Zedentin bewilligen. § 185 BGB ist auf die Eintragungsbewilligung entsprechend anzuwenden. Die von einem Nichtberechtigten erklärte Bewilligung nach § 19 GBO wird mit Zustimmung des eingetragenen Berechtigten wirksam. Händigt der eingetragene Gläubiger eines Buchgrundpfandrechts mit seiner Abtretungserklärung dem Zessionar zugleich eine Bewilligung in der Form des § 29 GBO zur Umschreibung aus, ist grds. davon auszugehen, dass er keine Rechte in Bezug auf das Grundpfandrecht mehr geltend macht, das Gläubigerrecht ohne Einschränkungen auf den Zessionar überträgt und somit kein Interesse mehr an den vom Zessionar getroffenen Verfügungen über das abgetretene Grundpfandrecht hat. Deshalb ist von einer Zustimmung des Zedenten zu Verfügungen über die Grundschuld durch die Zessionarin schon vor der Eintragung der Abtretung in das Grundbuch grundsätzlich auszugehen.

Hier hat die Zedentin der Zessionarin eine Abtretungserklärung ausgehändigt, mit der diese die Eintragung herbeiführen konnte. Umstände, die dafür sprechen könnten, dass sich die Zedentin Entscheidungsbefugnisse in Bezug auf die abgetretene Grundschuld vorbehalten wollte, sind nicht ersichtlich.

Die Eintragung der Löschung des Grundpfandrechts verstößt auch nicht gegen § 39 Abs. 1 GBO. Der in dieser Vorschrift enthaltene Voreintragungsgrundsatz ist eine formelle Voraussetzung für die Grundbucheintragung. Er bezweckt sowohl die verständliche Wiedergabe des aktuellen Grundbuchstands, als auch die Möglichkeit, seine Entwicklung nachzuvollziehen. Das betroffene Recht muss so eingetragen sein, wie es der materiellen Rechtslage und der sich anschließenden neuen Eintragung entspricht. Die Zedentin ist als Berechtigte im Grundbuch eingetragen. Weil die Abtretung der Buchgrundschuld mangels Eintragung nicht erfolgt ist, ist sie Inhaberin der Buchgrundschuld geblieben. Sie ist es, die von der rechtsändernden Eintragung der Löschung der Buchgrundschuld betroffen wird. Die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 GBO sind hier erfüllt.

Eine vorherige Eintragung der Zessionarin ist auch nicht deshalb geboten, weil das Grundbuch nicht nur den aktuellen Grundbuchstand, sondern auch seine Entwicklung richtig wiedergeben soll. Auch nach einer Eintragung der Löschung ohne eine Voreintragung der Zessionarin gäbe das Grundbuch die sachenrechtliche Lage hier in allen Entwicklungsstufen richtig wieder, weil die Zessionarin das Grundpfandrecht nicht erworben hat. Sie hat nur auf Grund einer ihr von der Rechtsinhaberin erteilten Ermächtigung über deren Recht verfügt.

Die sich aus einer Einwilligung oder Genehmigung des Eingetragenen ergebende Verfügungsbefugnis eines Nichtberechtigten kann nicht in das Grundbuch eingetragen werden. Der Voreintragungsgrundsatz in § 39 Abs. 1 GBO verlangt nicht, dass derjenige, der die Eintragung nach § 19 GBO bewilligt hat, als Inhaber des betroffenen Rechts im Grundbuch eingetragen sein muss. Eingetragen sein muss der Inhaber des durch die Verfügung betroffenen Rechts, nicht jedoch derjenige, der ihn vertritt oder über dessen Recht verfügen kann. § 39 Abs. 1 GBO knüpft an die im Grundbuch auszuweisende Rechtsinhaberschaft, § 19 GBO demgegenüber an die Befugnis zur Verfügung über das von der Eintragung betroffene Recht an.

BGH vom 15.07.2010, Az. V ZB 107/10


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