(ip/pp) Über die Grenzen der Schadensersatzgewährung hatte das Oberlandesgericht Dresden aktuell zu entscheiden. Die Parteien stritten um Schadensersatz aus einer fehlerhaften Vergabeentscheidung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die Klägerin hatte sich seinerzeit mit einem Angebot an einer europaweiten Ausschreibung von Beseitigungs- bzw. Verwertungsleistungen für feste Siedlungsabfälle einer Stadt beteiligt; den Zuschlag hatte jedoch ein Mitbewerber erhalten. In einem nachfolgenden Feststellungsprozess war rechtskräftig darauf erkannt worden, dass der Klägerin der aus dieser Nichtberücksichtigung entstandene Schaden vom Auftraggeber zu ersetzen ist. Die Klägerin machte nunmehr wegen des vergaberechtswidrig vorenthaltenen Auftrags entgangenen Gewinn geltend, den sie ursprünglich auf knapp 925.000,- Euro beziffert hatte. Das Landgericht hatte ihr davon mit dem angefochtenen Urteil gut 540.000,- Euro zugesprochen; das beruhte auf Berechnungen eines Sachverständigengutachtens. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Die Klägerin war der Berufung entgegengetreten und verteidigte das angegriffene Urteil.

Das OLG Dresden entschied, das die Klage abzuweisen sei, da der Senat nicht feststellen könne, dass die Klägerin - ungeachtet ihres dem Grunde nach bestehenden Ersatzanspruchs - für den Fall, dass sie den ihr zustehenden Auftrag erhalten hätte, daraus einen Gewinn erzielt hätte, der ihr aufgrund des vergaberechtswidrigen Verhaltens des Auftraggebers entgangen sei und den sie infolgedessen erstattet verlangen könnte. Der Sachverständige habe zwar festgestellt, dass der Klägerin ein Gewinn entgangen sei, den das Landgericht seiner Berechnung der Schadensersatzsumme zugrunde gelegt habe. Der Gutachter sei dabei jedoch unstreitig nicht von der mit dem Ausschreibungsangebot der Klägerin entwickelten Anlagenkonzeption zur Müllentsorgung ausgegangen, da er diese erklärtermaßen nicht als für die Klägerin mit Gewinn umsetzbar angesehen hat. Er habe stattdessen als wahrscheinlich angenommen, dass die Klägerin ein abweichendes Konzept verwirklicht hätte, welches aus seiner Sicht technisch und wirtschaftlich vernünftig gewesen wäre.

Der Leitsatz fasste zusammen: „1. Kann der ehemalige Bieter nicht beweisen, dass er im Falle der Auftragserteilung an ihn auf der Grundlage seines damaligen Ausschreibungsangebotes einen Gewinn erzielt hätte, so steht ihm auch kein Schadensersatzanspruch zu.

2. War die ursprüngliche Anlagekonzeption nicht gewinnbringend umsetzbar, so hilft ihm auch nicht die Annahme weiter, der Bieter hätte stattdessen ein abweichendes Konzept verwirklicht; denn diese Konfiguration hätte weder dem Angebot des Bieters noch dem hierauf zu erteilenden Zuschlag entsprochen. Eine spätere Änderung des Konzepts wäre daher vergabe- und vertragsrechtlich unzulässig gewesen.“

OLG Dresden, Az.: 16 U 1373/09