Das LG Kassel entschied über die Verjährung von Ersatzansprüchen des Mieters wegen Schönheitsreparaturen, die dieser in Unkenntnis der Unwirksamkeit einer mietvertraglichen Renovierungsklausel erbracht hat.

Das Mietverhältnis wurde zum 31.03.2007 beendet. Mit seiner am 10.01.2008 eingereichten Klage verlangt der Kläger vom Beklagten Erstattung der Endrenovierungskosten. Der Beklagte berief sich auf Verjährung. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass § 548 Abs.2 BGB weder auf den Schadensersatzanspruch noch auf den Bereicherungsanspruch anwendbar sei; vielmehr gelte die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§§ 195, 199 BGB).

Das LG Kassel beschied -wie schon die erste Instanz-, dass der Bereicherungsanspruch des Mieters, der in Unkenntnis der Unwirksamkeit der mietvertraglichen Klausel zu den Schönheitsreparaturen Renovierungsleistungen erbracht hat, gegen den Vermieter gemäß § 548 Abs.2 BGB sechs Monate nach Beendigung des Mietvertrages verjährt.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung der Renovierungskosten aus § 812 Abs.1 S.1, 1. Fall BGB (condictio indebiti) ist im Prinzip in bejahen. Die Beklagte hat den Vermögensvorteil „frisch renovierte Wohnung“ (statt: abgewohnte Wohnung) erlangt. Dies erfolgte durch Leistung des Klägers, der einen Malermeister mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen beauftragt hat. Die Beklagte hat die Leistung schließlich auch ohne rechtlichen Grund erlangt, weil eine GoA als Rechtsgrund nicht in Betracht kommt und ein mietvertraglicher Anspruch auf die Renovierungsleistung wegen der Unwirksamkeit der entsprechenden Vertragsklausel ausscheidet. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung greift jedoch. Ihr steht ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 Abs.1 BGB) zu, da infolge der Anwendbarkeit des § 548 Abs.2 BGB die Verjährung im Zeitpunkt der Erhebung der Klage im Januar 2008 bereits vollendet gewesen ist.

Nach § 548 BGB verjähren Ansprüche des Mieters auf Ersatz von Aufwendungen in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses. Zur Anwendbarkeit dieser kurzen Verjährungsfrist im vorliegenden Fall führte das LG aus:

Aufwendungen werden üblicherweise als 'freiwillig erbrachte Vermögensopfer' bezeichnet, die der Aufwendende zu einem bestimmten Zweck erbringt. Hier geht es um freiwillig erbrachte Vermögensopfer zum Zwecke der Erfüllung der (vermeintlichen) Renovierungspflicht und damit vom juristischen Sprachgebrauch her um Aufwendungen. Bereicherungsansprüche und Aufwendungsersatzansprüche schließen einander nicht aus (wie z. B. aus § 347 Abs.2 S.2 BGB hervorgeht), sondern eine Aufwendung kann – gerade wenn sie den Anspruchsgegner bereichert hat – auszugleichen sein. Der Wortlaut der Norm spricht daher nach Ansicht der Kammer für eine Anwendung des § 548 Abs.2 BGB auf den streitgegenständlichen Anspruch.

Die Kammer berücksichtigte, dass die Vorschrift eine Sonderregelung im Mietvertragsrecht zu §§ 194 ff. BGB ist. Im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz, dass Sonderregelungen eher eng auszulegen sind, spreche dies zwar dafür, zu den in § 548 Abs. 2 BGB aufgeführten Aufwendungsersatzansprüchen nur spezifisch mietrechtliche Ansprüche (z. B. aus §§ 536a, 539 BGB) zu zählen und nicht solche aus besonderen gesetzlichen Schuldverhältnissen (z. B. § 812 BGB). Es ist jedoch unstreitig, dass der Gesetzgeber mit den Verjährungsvorschriften den Zweck verfolgt, eine rasche Auseinandersetzung zwischen den Mietvertragsparteien zu gewährleisten und eine beschleunigte Klarstellung derjenigen Ansprüche, die vom Zustand der überlassenen Mietsache bei Rückgabe abhängen, zu erreichen. Weil der Sinn und Zweck des § 548 BGB darin liegt, dass die wechselseitigen Ansprüche der Mietvertragsparteien, die vom Zustand der Mietsache zur Zeit der Rückgabe abhängen, nach Beendigung des Mietverhältnisses möglichst rasch abgewickelt werden sollen, ist allgemein anerkannt, dass § 548 BGB bzw. § 558 BGB a. F. – trotz der Gesetzessystematik – grundsätzlich weit auszulegen sind. Der Sinn und Zweck der Norm gebietet es, die kurze Verjährungsfrist auch auf Bereicherungsansprüche wegen wie hier rechtsgrundlos durchgeführter Renovierungsarbeiten anzuwenden, weil der Grundgedanke, dass sichere Feststellungen zur Anspruchshöhe mit dem Zeitablauf immer schwieriger werden, da der vor der Übergabe bestehende und der bei der Übergabe geschaffene Zustand der Mietsache immer schlechter zu ermitteln sind, auch hier grundsätzlich greift. Je später der Mieter seinen Bereicherungsanspruch geltend macht (weil er nach Beendigung des Mietverhältnisses Kenntnis erlangt, dass die mietvertragliche Renovierungsklausel unwirksam war), desto schlechter können Feststellungen zum Renovierungsbedarf getroffen worden sein, so dass der Mieter im Nachhinein substantiiert dartun müsste, wie der Zustand der Wohnung vor der Renovierung war und welche Arbeiten im einzelnen erforderlich gewesen sind; ferner, dass die Arbeiten entsprechend durchgeführt worden sind und dass der von ihm beauftragte Handwerker ortsüblich abgerechnet hat. Das wird nur in den allerseltensten Fällen möglich sein und zeigt, wie sinnvoll eine sechsmonatige Verjährungsfrist gerade auch für die hier in Rede stehenden Bereicherungsansprüche ist.

Daher gelangt die Kammer zu dem Ergebnis, dass Wortlaut, Wille des Gesetzgebers und Sinn und Zweck des Gesetzes die entsprechende Anwendung des § 548 Abs. 2 BGB auf den streitgegenständlichen Bereicherungsanspruch gebieten. Soweit damit argumentiert wird, dass die Rechtsfolge des § 548 BGB nicht passe, wenn der Mieter erst lange nach Beendigung des Mietverhältnis erfahre, dass die entsprechende Mietvertragsklausel unwirksam war, ist dem wiederum entgegenzuhalten, dass genau dies der Wille des Gesetzgebers ist: die Dinge sollen in überschaubarer Zeit nach Beendigung des Mietverhältnis abschließend geregelt sein und danach soll Rechtsfrieden einkehren.

Dieses Ergebnis wurde vom BGH in einem ähnlichen Fall (vom 04.05.2011, Az. VIII ZR 195/10) bestätigt.

LG Kassel vom 07.10.2010, Az. 1 S 67/10


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