(IP) Hinsichtlich der Relevanz von Sachverständigengutachten bei der gerichtlichen Auseinandersetzung hat das Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht (OLG) mit Leitsatz entschieden.

„Ausdehnung des Regressverzichts des Gebäudeversicherers gegenüber dem Mieter des Versicherten auf andere Versicherungsverhältnisse des Versicherten oder von Mitmietern bei demselben Sachversicherer“.

Die Parteien stritten um Regressansprüche der Klägerin gegen die Beklagten wegen eines komplizierten Großbrandes in der Autowerkstatt des Beklagten. Die Richter hatten befunden, das dem Grunde nach die Voraussetzungen vorlägen, wonach Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen einen Dritten auf den Versicherer übergingen, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt habe. Die Klägerin habe aufgrund der bestehenden Versicherungsverträge Zahlungen an die Versicherungsnehmer und den Gutachter in Höhe von insgesamt knapp 450.000,- € geleistet. Auch bestünden grundsätzlich Ansprüche der Versicherungsnehmer gegen die Beklagten, die auf die Klägerin hätten übergehen können. Der Schaden sei im Herrschaftsbereich des Beklagten als Mieter der Werkstatt entstanden, der im Fall von Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache durch vertragswidrigen Gebrauch grundsätzlich gegenüber dem Vermieter hafte.

Demgegenüber verwies das OLG auf die entscheidende Rolle der Gutachter im betreffenden Verfahren: „Im Hinblick auf die durchgeführten Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten wäre es für eine verwertbare und vollständige Erhebung des Sachverständigenbeweises zwingend erforderlich gewesen, dass diesem alle Aussagen von Parteien und Zeugen bei Erstattung seines Gutachtens zur Verfügung gestanden hätten und ihm Gelegenheit zur Befragung der Zeugen gegeben worden wäre. Gemäß § 404 a Abs. 3 ZPO hat das Gericht zu bestimmen, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll. Dazu gehört bei einem komplizierten Brandgeschehen wie hier auch, dass dem Sachverständigen die Aussagen der Zeugen vollständig zur Verfügung stehen und er Gelegenheit hat, ggfls. selbst Fragen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts, soweit für seine Begutachtung erforderlich, an die Zeugen zu stellen. Dies hat das Landgericht nicht beachtet. Es erfolgte keine Anhörung der beim Brand anwesenden Beklagten ... in Gegenwart des Sachverständigen.“

„Zusätzlich ist der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör auch deswegen verletzt, weil das Gericht in seiner Entscheidung teilweise seine eigene Sachkunde anstelle sachverständiger Feststellungen gesetzt hat, ohne dass es zuvor darauf hingewiesen hatte.“

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

Schleswig-Holsteinisches OLG, Az.: 12 U 19/18

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