(IP/CP) Ob ein Beschwerdegericht generell an die eigene, historische Rechtsansicht gebunden ist, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) aktuell zu entscheiden. Die Parteien stritten im Kostenfestsetzungsverfahren darüber, ob die Beklagte die nach tschechischem Recht berechneten Gebühren ihrer Verkehrsanwälte erstattet verlangen kann. Im zugrundeliegenden Rechtsstreit hatte der Kläger als Verwalter in einem Konkursverfahren über das Vermögen einer GmbH gegen eine beklagte tschechische Aktiengesellschaft Ansprüche aus einem Generalplanungsvertrag auf Zahlung von ca. 6.000.000,- DM erhoben. Die Klage wurde als unzulässig abgewiesen, weil die Gerichtsstandsklausel im Vertrag die Beklagte nicht binde und sonst kein Gerichtsstand im Inland begründet sei. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt. Mit ihren Kostenfestsetzungsanträgen hat die Beklagte unter anderem die Festsetzung der Kosten für ihren tschechischen Verkehrsanwalt (ca. 330.000 €) und Reisekosten für den tschechischen Rechtsanwalt, der einen Gerichtstermin in Deutschland wahrgenommen habe (ca. 26.000 €), unter Bezugnahme auf tschechisches Gebührenrecht begehrt, dessen Gebührensätze über denjenigen der damals maßgeblichen Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung lagen. Das Landgericht hatte die vom Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten weitgehend antragsgemäß festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 20. März 2002 den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts unter anderem hinsichtlich der festgesetzten Kosten aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

In letzter Instanz entschied der BGH: „Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich sowohl die Frage der generellen Erstattungsfähigkeit der Kosten eines ausländischen Rechtsanwaltes als auch die Höhe dieser Kosten nach deutschem Recht richtet ... Der Senat ist an dieser Entscheidung nicht dadurch gehindert, dass das Beschwerdegericht in seiner ersten Entscheidung eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten hat ... Das Revisionsgericht kann nicht mehr an die der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung gebunden sein, wenn es inzwischen selbst seine Rechtsauffassung geändert hat. Es ist zu berücksichtigen, dass bei der Bedeutung höchstrichterlicher Rechtsprechung für die Auslegung und Anwendung von Gesetzen in den Augen der Rechtsuchenden eine neue Rechtsprechung des Revisionsgerichts gegenüber seiner inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung die höhere Autorität genießt und daher nunmehr als zutreffende Auslegung des Rechts angesehen wird.“

Der Leitsatz fasst zusammen: „Ein Beschwerdegericht, das eine Sache an die erste Instanz zurückverwiesen hat, ist, wenn es erneut damit befasst wird, nicht mehr an seine entscheidungserhebliche Rechtsansicht gebunden, wenn zwischenzeitlich erstmalig eine davon abweichende höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist.“


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