(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof hatte sich im Revisionsverfahren mit der Zulässigkeit von Preisanpassungsbestimmungen in einem Erdgassondervertrag zu befassen.

Der erkennende VIII. Zivilsenat entschied zum einen, dass derartig formularmäßig vereinbarte Bestimmungen auch dann der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen, wenn sie nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Preisklauselgesetz (PrKG) zulässig sind, zum anderen, dass solche Klauseln den Kunden des Gasversorgers jedenfalls dann unangemessen benachteiligen und damit unwirksam sind, wenn der neben dem Grundpreis zu zahlende Arbeitspreis ausschließlich an die Preisentwicklung für extra leichtes Heizöl gekoppelt ist und ein Rückgang bei den sonstigen Kosten des Versorgers bei dem Grundpreis unberücksichtigt bleibt. Solche Klauseln ermöglichen nach Ansicht des BGH eine verdeckte Gewinnmaximierung des Verwenders.

Der Kläger, ein eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrte von dem beklagten Energieversorgungsunternehmen unter anderem die Unterlassung gemäß § 1 UKlaG, in Verträgen mit Verbrauchern die beanstandete Preisanpassungsklausel zu verwenden oder sich bei der Vertragsabwicklung darauf zu berufen.

Der Erdgaspreis setzte sich nach der angegriffenen Klausel aus den sogenannten Arbeitspreisen und sogenannten monatlichen Grundpreisen zusammen, wobei die Formel zur Berechnung des Arbeitspreises diesen und dessen künftige Entwicklung mathematisch exakt von der Variablen „HEL“ abhängig machte. Diese Variable lässt sich aus den Monatsberichten des Statistischen Bundesamtes jeweils zu entnehmenden Heizölpreis-Index bestimmen, womit dieser Faktor den einzig veränderlichen Wert zur Bestimmung des Arbeitspreises darstellt und auf dessen Entwicklung die Beklagte keinen Einfluss nehmen kann. Auch der Grundpreis berechnet sich nach den verwandten Formeln jeweils mit nur einer Variablen, nämlich dem Stundenlohn L, berücksichtigen insoweit also nur Änderungen bei den Personalkosten.

Das Landgericht gab der Klage statt, in der Berufung der Beklagten wurde das Urteil vom Oberlandesgericht insoweit abgeändert und die Klage abgewiesen. Die zugelassene Revision des Klägers zum Bundesgerichtshof war erfolgreich und führte zur Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung und vollumfänglichen Zurückweisung der Berufung der Beklagten.

Der BGH führt in der Entscheidung zunächst aus, dass es sich bei den beanstandeten Klauseln - insoweit unstreitig - um AGB im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt.

Weiter bestätigte der VIII. Senat das Berufungsgericht in der Auffassung, die Klauseln seien nicht schon wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB unwirksam, da von einem aufmerksamen und sorgfältigen Durchschnittsverbraucher zu erwarten sei, dass er unschwer erkennen könne, dass der Arbeitspreis und dessen Anpassung von der Entwicklung des Heizölpreises abhängen. Mithin sei die Klausel weder unklar noch unverständlich.

Auch bestätigte der BGH die Rechtsansicht des OLG, eine Inhaltskontrolle der Klausel an den Maßstäben von Treu und Glauben scheitere nicht an § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, da es sich bei den Bestimmungen nicht lediglich um Preisbestimmungen handelt, die einer gerichtlichen Inhaltskontrolle entzogen wären, sondern lediglich um Preisnebenabreden, die neben die Preishauptabrede treten, welche sich aus dem bei Vertragsschluss vereinbarten Arbeitspreis als fester Betrag in der Vertragsurkunde ergebe.

Das Gericht entschied ferner, es sei unerheblich, ob die beanstandete Klausel einer Prüfung nach § 1 Abs. 1 PrKG standhalte, wonach der Betrag von Geldschulden nicht unmittelbar und selbsttätig durch den Preis oder Wert von anderen Gütern oder Leistungen bestimmt werden darf, die mit den vereinbarten Gütern oder Leistungen nicht vergleichbar sind. Denn selbst wenn die Klausel einer solchen Prüfung standhalte, hindere dies nicht eine weitergehende Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil die beiden Vorschriften unterschiedliche Regelungszwecke verfolgten.

Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts bejahte der erkennende Senat einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es komme hierbei auf die Interessen der beiden Vertragsparteien an – auf Seiten des Verbrauchers das Interesse, vor Preisanpassungen geschützt zu werden, die über die ursprüngliche Interessenlage hinausgehen – auf Seiten des Verwenders das ebenfalls anerkennenswerte Interesse, die Preise den aktuelle Kosten- und Preisentwicklungen anzupassen und damit Kostensteigerungen an den Verbraucher weiterzugeben. Generell seien Preisanpassungsklauseln dafür ein akkurates Mittel. Unter welchen Voraussetzungen solche formularmäßig vereinbarten sogenannten Spannungsklauseln (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 PrKG) einer Inhaltskontrolle standhalten, blieb in der Entscheidung ausdrücklich offen. Denn hier verneinte der BGH bereits das schutzwürdige Interesse der Beklagten an deren Verwendung.

Zum einen verneinte der Senat die Tauglichkeit der Klausel, das an sich anerkennenswerte Interesse des Verwenders zu wahren, den geschuldeten Preis mit dem jeweiligen Marktpreis für die zu erbringende Leistung in Übereinstimmung zu bringen. „Dass sich faktisch der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickelt, beruht nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, dass - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspricht.“

Zum anderen sei aber auch das berechtigte Interesse, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an den Verbraucher weiterzugeben, durch die verwandten Klauseln zwar gewahrt, diese schießen jedoch insofern über das zulässige Ziel hinaus, als sie der Verwenderin die Möglichkeit einräumten, „über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Klausel dem Energieversorger eine Preiserhöhung auch in den Fällen erlaubt, in denen ein Anstieg bei einem der Kostenfaktoren durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird und das Versorgungsunternehmen daher insgesamt keine höheren Kosten zu tragen hat, als dies bei Abschluss des Belieferungsvertrags der Fall war.“

Letzteres bejahte der BGH für den vorliegenden Fall und damit eine unangemessene Benachteiligung, weil die mögliche Kostenentwicklung bei der Beklagten nicht in jedem Fall zutreffend abgebildet würde. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die angegriffene Klausel auch dann zu einer Erhöhung des Arbeitspreises führe, „wenn die Bezugskosten der Beklagten nicht im vergleichbaren Maß gestiegen sind“. Insoweit fehlte es allerdings an Feststellungen des Berufungsgerichts. Die Wirksamkeit scheitere aber jedenfalls daran, dass die Klausel die Kostenentwicklung in anderen Bereichen unberücksichtigt lasse und daher eine Erhöhung des Arbeitspreises selbst dann ermögliche, wenn die steigenden Bezugspreise - unterstellt sie seien in vergleichbarem Maß gestiegen - durch Kostensenkungen in anderen Bereichen, etwa Netz- und Vertriebskosten, ausgeglichen würden.

Da derartige Kostensenkungen aber auch beim Grundpreis nicht berücksichtigt würden - die Formel berücksichtigt nur Änderungen bei den Personalkosten als einzige Variabel - käme ein Ausschluss der unangemessenen Benachteiligung auch insoweit nicht in Betracht.


BGH vom 24.03.2010, Az. VIII ZR 178/08


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