(ip/RVR) Der BGH, Senat für Landwirtschaftssachen, hat zugunsten eines Pächters von zum Zuckerrübenanbau geeigneten Ackerland eine gesetzliche Pflicht zur Übertragung von Lieferrechten (und zur Herausgabe erhaltener Umstrukturierungshilfen) an den Verpächter nach Beendigung des Pachtverhältnisses verneint.

Der Pächter ist gesetzlich verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht, § 596 Abs. 1 BGB. Was einer fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entspricht, bestimmt sich nach dem Pachtvertrag und dem die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen maßgeblich bestimmenden Subventionsrecht.

Mit dem Pachtvertrag (aus dem Jahre 2006) wurde der Pächter zu keiner bestimmten Art der Bewirtschaftung der Flächen verpflichtet. Die Pachtsache war zum Rübenanbau geeignet; das heißt aber nicht, dass nur der Anbau von Zuckerrüben unter Ausnutzung von Rübenlieferrechten einer fortgesetzten ordnungsgemäßen Bewirtschaftung entsprechen kann.

Die Änderungen des für den Zuckerrübenanbau einschlägigen Agrarsubventionsrecht durch die Reform der Zuckermarktordnung - VO (EG) Nr. 318/2006 - wirken sich für Pächter rübenanbaufähigen Ackerlands erheblich auf den Inhalt des Begriffs der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung i.S.d. § 596 Abs. 1 BGB aus.

Bis zum Wirtschaftsjahr 2005/2006 bestimmte die Zuckermarktordnung den Ertrag des rübenanbaufähigen Ackerlands durch festgesetzte Mindestpreise (Stützpreise): Die Zuckerhersteller waren verpflichtet, Zuckerrüben im Umfang einer dem jeweiligen Rübenbauer zugeteilten Quote zu dem durch eine EU-VO festgelegten Preis anzukaufen. Unter Geltung der Zuckermarktordnung waren deshalb zum einen der Erwerb und die Ausnutzung solcher Lieferrechte essentiell für die nachhaltige Ertragsfähigkeit rübenanbaufähigen Ackerlands, zum anderen war der Anbau von Zuckerrüben vergleichsweise lukrativ.

Das hat sich durch die Reform der Zuckermarktordnung geändert. Um die Preise stabil zu halten sollte die Zuckerproduktion stark verringert werden. Die Produktionsquoten wurden massiv gesenkt, und die Stützpreise erheblich reduziert. Der Anbau von Zuckerrüben ist im Vergleich zum Anbau anderer Feldfrüchte nun oft nicht mehr die wirtschaftlich ertragreichere Produktion. Das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Pachtsache kann einen Pächter nicht mehr ohne weiteres verpflichten, auf zum Rübenanbau geeigneten Flächen Zuckerrüben anzubauen und entsprechende Lieferrechte zu erhalten oder erwerben. Baut der Pächter dennoch Zuckerrüben an, ist dies seine freie unternehmerische Entscheidung.

Ist in einem Pachtvertrag über rübenfähiges Ackerland zu den Lieferrechten und zur Bewirtschaftung der Pachtsache nichts vereinbart, steht dem Verpächter, wenn er die für einen Zuckerrübenanbau bei Vertragsschluss erforderlichen Lieferrechte dem Pächter nicht überlassen hat, ein Anspruch auf Übertragung der dem Pächter von der Zuckerfabrik zugeteilten oder von diesem von Dritten erworbenen Lieferrechte nach § 596 Abs. 1 BGB also nicht zu. Standen die Lieferrechte stets allein dem Pächter zu, kann der Verpächter auch nicht Herausgabe von Erlös, den der Pächter durch die Veräußerung von Lieferrechten erzielt hat verlangen; ebensowenig ist die Umstrukturierungsbeihilfe, die im Zuge der Reform der Zuckermarktordnung für den (freiwilligen) Verzicht auf Lieferrechte bezahlt wurde, an den Verpächter weiterzuleiten.

BGH vom 25.11.2011, Az. LwZR 4/11


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