(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof hat anlässlich eines Urteils Ausführungen dazu gemacht, wie eine Schiedsvereinbarung auszulegen ist, deren Gegenstand Streitigkeiten darüber sind, ob der Abschluss von Darlehensverträgen und die Vergabe der Darlehen ordnungsgemäß erfolgt sind.

Der Kläger nahm die beklagte Bank auf Erstattung eines Disagios und auf Neuabrechnung eines Darlehensvertrags in Anspruch.

Zuvor wurde eine Schiedsvereinbarung abgeschlossen, in der es u.a. hieß:

"Die Parteien streiten darüber, ob die Vertragsabschlüsse bzw. die Vergabe der Darlehen ordnungsgemäß erfolgt sind und - wenn nicht - welche Konsequenzen sich daraus für die einzelnen Darlehensverträge der Gesellschafter […] ergeben. Diese Streitigkeiten und die sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen sollen zwischen den Gesellschaftern […] und (der Beklagten) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs durch ein Schiedsgericht entschieden werden."

Das Schiedsgericht hatte die Klage durch Schiedsspruch im wesentlichen als unbegründet abgewiesen, weil die Voraussetzungen aller von den Klägern geltend gemachten und sonst in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nicht erfüllt seien. Die Darlehensverträge seien wirksam. Die Voraussetzungen aller in Betracht kommenden Unwirksamkeits- und Nichtigkeitsgründe seien nicht erfüllt. Eine Rechtsgrundlage für die Forderung, den Inhalt der Darlehensverträge, insbesondere die Zinskonditionen, zu ändern, sei nicht ersichtlich.

Auch das Landgericht hat die danach erhobene Klage abgewiesen und wurde vom Bundesgerichtshof darin bestätigt.

Rechtsfehlerfrei sei allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Rechtskraft des Schiedsspruchs stehe der Zulässigkeit der vorliegenden Klage nicht entgegen. Zwar hat auch der Schiedsspruch zwischen den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils , allerdings genügt hiernach die Einheitlichkeit des Klageziels nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Ein Urteil ist nicht der materiellen Rechtskraft fähig, wenn sich durch Auslegung nicht ermitteln lässt, welchen Inhalt es hat, insbesondere über welche Einzelforderungen oder welche Teilbeträge das Gericht bei einer Teilklage entschieden hat.

Der BGH führt im Wesentlichen weiter dazu folgendes aus: Der im vorliegenden Verfahren gestellte Antrag, die Beklagte zur Rückzahlung des Disagios zu verurteilen, hat einen anderen Streitgegenstand als der mit der Schiedsklage verfolgte Antrag auf Zahlung eines Geldbetrages. Mit diesem Antrag haben der Kläger und die übrigen Fondsgesellschafter nicht die Rückzahlung des Disagios begehrt, sondern einen Schadensersatzanspruch auf Erstattung angeblich überzahlter laufender Zinsen geltend gemacht. Der nunmehr gestellte Antrag auf Rückzahlung des Disagios ist allerdings teilweise auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet wie der im Schiedsverfahren gestellte Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Rückerstattung des zeitanteilig nicht verbrauchten Damnums aus dem Darlehensvertrag zu entlassen. Die Abweisung dieses Antrages durch den Schiedsspruch ist aber hinsichtlich des Anspruchs auf Rückerstattung eines Teils des Damnums nicht der materiellen Rechtskraft fähig, weil sich auch durch Auslegung des Schiedsspruchs nicht ermitteln lässt, über welchen Teilbetrag des Damnums entschieden worden ist. Es lässt sich kein Teilbetrag beziffern, in dessen Höhe der Anspruch auf Rückzahlung des Damnums bereits rechtskräftig abgewiesen und die vorliegende Klage unzulässig wäre.

Die übrigen im vorliegenden Verfahren gestellten Anträge betreffen andere Streitgegenstände als der Schiedsspruch, weil sie auf Rechtsfolgen gerichtet sind, über die durch den Schiedsspruch nicht entschieden worden ist. Sie verfolgen zwar ein vergleichbares Klageziel wie der Antrag im Schiedsverfahren, nämlich die Herabsetzung des Darlehenszinses. Dies genügt aber nicht, um einen einheitlichen Streitgegenstand anzunehmen. Der im vorliegenden Verfahren gestellte Antrag, die Beklagte zu verurteilen, nach bestimmten Maßgaben eine Neuabrechnung des Darlehensvertrages zu erstellen, ist auf eine Rechtsfolge gerichtet, über die das Schiedsgericht nicht entschieden hat. Im Schiedsverfahren hat der Kläger keine Neuberechnung begehrt. Auch der weitere Antrag auf Feststellung, dass der Anspruch auf einzelne Darlehensraten und der Rückzahlungsanspruch der Beklagten durch Aufrechnung in Höhe überzahlter Zinsen teilweise erloschen sind, war nicht Gegenstand der schiedsgerichtlichen Entscheidung.

Rechtsfehlerhaft ist nach Aussage des BGH hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Schiedseinrede gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen, weil die Schiedsabrede gegenständlich auf die konkreten Streitigkeiten, die zu dem Schiedsverfahren geführt haben, beschränkt sei.

Sie lässt wesentliche Umstände, nämlich die Verhandlungen, die zur endgültigen Fassung des Schiedsvertrages geführt haben, unberücksichtigt. Das Zustandekommen des Schiedsvertrages spricht nach Auslegung des BGH dafür, dass er seinem von den Parteien gewählten Wortlaut entsprechend die Ordnungsgemäßheit der Abschlüsse der Darlehensverträge und die Rechtsfolgen fehlender Ordnungsgemäßheit insgesamt erfasst und nicht auf bestimmte Einzelfragen begrenzt ist.

Die Parteien haben den Vertragsentwurf, der die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auf Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und das KWG begrenzte, ausdrücklich verworfen und stattdessen einen Schiedsvertrag geschlossen, der diese Beschränkung nicht enthält. Außerdem haben sie durch ihr späteres Verhalten, das für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der an dem Schiedsvertrag Beteiligten von wesentlicher Bedeutung ist, zum Ausdruck gebracht, dass sie den geschlossenen Schiedsvertrag nicht im Sinne einer solchen Begrenzung verstanden haben. Die Gesellschafter der GbR haben das Schiedsgericht keineswegs nur wegen eines Verstoßes gegen das UWG und das KWG, sondern auch wegen einer unzulänglichen Beratung durch die Beklagte angerufen. Auch das Schiedsgericht hat den Schiedsvertrag weit ausgelegt und die Wirksamkeit der Darlehensverträge nicht nur gemäß § 1 UWG und § 18 KWG, sondern umfassend geprüft.

Darüber hinaus hat es sich auch an der Prüfung möglicher weiterer Anspruchsgrundlagen nicht gehindert gesehen, sondern ausgeführt, solche seien nicht erkennbar. Gegen diese umfassende Prüfung haben die Parteien keine Einwände erhoben.


BGH, Urteil vom 13. 1. 2009, Az. XI ZR 66/ 08


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