(ip/RVR) Eine der aktuellen Entscheidungen des Oberlandesgerichts München befasste sich mit der Frage der Nutzung einer Wohnung durch einen psychisch kranken Enkel der Wohnungseigentümerin.

Die Antragstellerin überließ ihrem psychisch kranken und seit Ende 2004 in Betreuung stehenden Enkel ihre Eigentumswohnung seit Ende 1994 zur Nutzung. Die Antragsgegner fühlten sich durch dessen Wohnverhalten belästigt und bedroht. Dies hatte zur Folge, dass die Eigentümerversammlung am 27. April 2005 unter TOP 7 beschloss, den Verwalter zu ermächtigen, im Namen und auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen, außergerichtliche und notfalls gerichtliche Maßnahmen gegen die Antragstellerin zu ergreifen, damit die Nutzung der Wohnung durch deren Enkel künftig unterbleibt. Die Antragstellerin hat den Beschluss angefochten. Daraufhin beantragten die Antragsgegner, die Antragstellerin zu verpflichten, die Überlassung der Eigentumswohnung an deren Enkel zur alleinigen Nutzung zu unterlassen.

Das Amtsgericht gab mit Beschluss vom 24. März 2009 dem Antrag, den Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären, statt und wies den Unterlassungsantrag mit Beschluss vom 4. Mai 2009 zurück. Das Landgericht wies die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde am 24. November 2009 zurück. Die Antragsgegner legten gegen diesen Beschluss am 29. Dezember 2009 formgerecht sofortige weitere Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht München entschied, dass die zulässige sofortige weitere Beschwerde insoweit begründet ist, als TOP 7 des in der Versammlung vom 27. April 2005 gefassten Eigentümerbeschlusses für ungültig erklärt wurde. Im Übrigen ist sie jedoch unbegründet.

Das OLG führte aus: „Die angefochtene Entscheidung hält der auf Rechtsfehler (§ 43 Abs. 1 a.F., § 62 Abs. 1 n.F. WEG, § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 ZPO) beschränkten Nachprüfung durch den Senat insoweit nicht stand, als TOP 7 des in der Versammlung vom 27. April 2005 gefassten Eigentümerbeschlusses für ungültig erklärt wurde.“ Zur Begründung führte das OLG unter anderem aus, dass der Eigentümerbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach (§ 21 Abs. 3 WEG). Ein Anspruch auf Untersagung der Wohnungsnutzung sei nicht von vorneherein von der Hand zu weisen, da es in der Vergangenheit nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen zu Störungen durch den Enkel kam.

„Soweit das Landgericht den Gegenantrag auf Unterlassung abgelehnt hat, hält dies der rechtlichen Nachprüfung stand (§ 43 Abs. 1 WEG a.F., § 62 Abs. 1 WEG n.F., § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 546 ZPO).“ Entgegen der Ansicht der Antragsgegner bedarf die Überlassung der Wohnung durch die Antragstellerin an ihren Enkel keiner Zustimmung des Verwalters. „Ziff. V § 2 Nr. 3 der Teilungserklärung verlangt die Zustimmung des Verwalters nur zur Vermietung, nicht zur sonstigen Nutzungsüberlassung.“

Darüber hinaus hat das Landgericht nach Beweisaufnahme festgestellt, dass derzeit wegen der Unterbringung des Enkels der Antragstellerin im Bezirkskrankenhaus nicht nur keine Beeinträchtigungen bestehen, sondern auch derzeit noch keine ausreichende Prognose darüber möglich ist, ob es nach Rückkehr zu weiteren Beeinträchtigungen kommen wird. Zwar begründet in der Regel eine vorangegangene rechtswidrige Beeinträchtigung bzw. Störung Wiederholungsgefahr, doch kann bei behandelten psychisch kranken Personen im Einzelfall etwas anderes gelten.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Beschließen Wohnungseigentümer, einen Rechtsanwalt im Namen und auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Durchführung von gerichtlichen Maßnahmen gegen einen Wohnungseigentümer oder Dritte zu beauftragen, entspricht dies nicht nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn tatsächlich ein Anspruch besteht, sondern bereits, wenn die Eigentümerversammlung das Bestehen des Anspruchs für plausibel halten darf.“

„Wird in einer Teilungserklärung die Zustimmung des Verwalters nur zur Vermietung verlangt, gilt dieses Zustimmungserfordernis in der Regel nicht für unentgeltliche Nutzungsüberlassung.“


OLG München, Beschluss vom 09.02.2010, AZ.: 32 Wx 114/09


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