(ip/pp) Wann infolge Nachbarrechts fremde Grundstücksgrenzen verletzt werden dürfen, war die zentrale Fragestellung eines aktuellen Verfahrens vor dem Karlsruher Oberlandesgericht (OLG).

Die Prozessparteien im konkreten Fall waren Nachbarn. Sie bewohnten alte Hofgebäude, die einen Hof umschlossen, der eine gemeinsame Toreinfahrt besaß. Die betreffende Grundstücksgrenze verlief mittig durch die Hofeinfahrt und den Hof. Am rückseitigen Ende des Hofs befand sich eine Scheune, die durch die Grundstücksgrenze wiederum mittig geteilt wurde. Quer über den Hof verlief eine Rinne, durch die in der Vergangenheit Regenwasser, das sich im Hof sammelte, in ein Rohr geleitet wurde, das unter dem Scheunengebäude der Beklagten hindurch in einen Kanal führte, der auf der anderen Seite des Hofs verlief und seinerseits in einen hinter den Grundstücken verlaufenden Bach mündet. Nachdem die Beklagten unvermittelt u. a. diese Rinne zu den Klägern hin verschlossen hatten, konnte das Regenwasser, das sich auf der Hofhälfte der Kläger sammelt, nicht mehr wie bisher durch die Rinne und den Kanal in den Bach ablaufen - und es kam zum Streit.

Den konnte erst das OLG schlichten: „Ein Anspruch nach § 7e Abs. 1 Satz 1 NRG-BW (Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg) setzt voraus, dass der Anschluss eines Grundstücks an eine Versorgungsleitung, eine Abwasserleitung oder einen Vorfluter ohne Benutzung eines fremden Grundstücks nicht oder nur unter erheblichen besonderen Aufwendungen oder nur in technisch unvollkommener Weise möglich ist. Ob erhebliche besondere Aufwendungen erforderlich sind, richtet sich ... danach, ob der Aufwand für einen eigenen Anschluss des Grundstücks (ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks) wesentlich höher ist, als er dies in anderen, "gewöhnlichen" Fällen in diesem Gebiet ist. Nicht maßgeblich ist demgegenüber, ob der Aufwand wesentlich höher ist als bei Inanspruchnahme des Nachbargrundstücks.“

OLG Karlsruhe, Az.: 6 U 149/06