(ip/RVR) Die Parteien sind gemeinsam Miteigentümer eines mit einem Geschäftshaus bebauten Grundstücks. Sie streiten um die Wirksamkeit von Mehrheitsbeschlüssen ihrer Eigentümergemeinschaft zur Kündigung von Mietverhältnissen und zu Räumungsbegehren.
In dem Geschäftshaus wird ein Konditoreigeschäft durch die F-GmBH betrieben, sowie ein weiterer Gastronomiebetrieb, der von der FS-GmbH betrieben wird. Der Kläger ist in beiden Gesellschaften Mitgesellschafter. Die Beklagten beabsichtigten, die Mietverträge mit der F-GmbH und der FS-GmbH zu kündigen. Der Kläger ließ den Beklagten mitteilen, dass er seine Zustimmung zur Kündigung versage. Daraufhin kündigten die Beklagten im Namen der Eigentümergemeinschaft die Mietverhältnisse zum nächstmöglichen Termin. Der Kläger widersprach der Kündigung. Die Beklagten beschlossen, von den Mietern Räumung zu verlangen. Der Kläger hatte vorgetragen, die Beschlussfassung der Miteigentümergemeinschaft, die den Kündigungen der Mietverhältnisse und den Räumungsaufforderungen zu Grunde lag, sei unwirksam, und begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Die hiergegen von den Beklagten eingelegte Berufung hatte Erfolg. Der II. Zivilsenat des BGH musste die vom Berufungsgericht zu Unrecht zugelassene Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückweisen. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 ZPO lagen nicht vor. Die Revision hatte auch keine Aussicht auf Erfolg. Sie wendete sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Kündigung der Mietverträge, unabhängig davon, ob sie gegenüber den Mietern wirksam seien, Maßnahmen ordnungsgemäßer Benutzung und Verwaltung gem. § 745 Abs. 1 BGB darstellten, die mehrheitlich beschlossen werden konnten.

Der II. Senat bekräftigte zunächst erneut die höchstrichterliche Rechtsprechung und allgemeine Auffassung in der Literatur, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses über ein gemeinschaftliches Grundstück Gegenstand einer Verwaltungsentscheidung sein kann,
die unter den Voraussetzungen des § 745 Abs. 1 BGB mehrheitlich beschlossen werden kann.

Der Mehrheitsbeschluss, die Mietverhältnisse zu kündigen, war nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Abschluss der Mietverträge auf einer einstimmig beschlossenen Benutzungsregelung beruht hätte. Auch führte die Kündigung der Mietverhältnisse nicht zu einer wesentlichen Veränderung des gemeinschaftlichen Grundstücks, welche gemäß § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB der einstimmigen Beschlussfassung vorbehalten gewesen wäre- durch die Beendigung der bestehenden Mietverhältnisse wurde weder die Gestalt noch die Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Gegenstandes erheblich verändert. Ebenso wenig wurde durch die Kündigungen die Stellung des Klägers als Bruchteilseigentümer beeinträchtigt (§ 745 Abs. 3 Satz 2 BGB). Im Gegenteil - erzielte die Eigentümergemeinschaft durch eine Neuvermietung der Räume höhere Mieterträge, wäre auch der Anteil des Klägers an den Nutzungen höher. Ein mögliches Interesse des Klägers aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an den Mietern, die Mieten möglichst gering zu halten, berührt seine Stellung als Miteigentümer nicht.
Die aus den Beklagten bestehende Mehrheit der Miteigentümer konnte bindend über die streitigen Beschlussgegenstände entscheiden.

Die Beschlüsse, die Mietverhältnisse zu kündigen, entsprachen auch dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Kündigungen im Außenverhältnis zu den Mietern unwirksam gewesen sein sollten. Ordnungsgemäßer Verwaltung i.S.d. § 745 Abs. 1 BGB entsprechen alle Maßnahmen, die nach den individuellen Gegebenheiten im Zeitpunkt der Beschlussfassung vernünftig erscheinen. Eine allgemeine Zweckmäßigkeits- oder Inhaltskontrolle, bei der die Minderheit oder das Gericht die Auffassung der Mehrheit ersetzen könnte, findet nicht statt.
Die Kündigung der bestehenden Mietverhältnisse war wirtschaftlich vernünftig, weil so der Gemeinschaft ermöglicht wurde, die Räume anderweitig zu vermieten und künftig für die Bruchteilsgemeinschaft marktgerechte Mieterträge zu erzielen. Folglich handelte es sich bei den beschlossenen Kündigungen um Maßnahmen nach § 745 Abs. 1 BGB.
Die Unwirksamkeit einer mehrheitlich beschlossenen Kündigung der Miteigentümergemeinschaft im Außenverhältnis zum Mieter steht ihrer Beurteilung als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung im Sinn von § 745 Abs. 1 BGB jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Rechtslage bei der Beschlussfassung auch nach Einholung anwaltlichen Rates nicht zuverlässig einzuschätzen war. Könnten vernünftige Maßnahmen nur dann mehrheitlich beschlossen werden, wenn ihre Umsetzung rechtlich unzweifelhaft ist, liefe dies auf eine – unzulässige – Zweckmäßigkeitskontrolle hinaus, welche die Entscheidungsbefugnisse der Mehrheit weitgehend einschränken würde. Dass eine etwaige Unwirksamkeit der Kündigungen für die Beklagten bei der Beschlussfassung nicht ohne weiteres erkennbar war, ist schon daraus ersichtlich, dass mehrere Gerichte diese Frage unterschiedlich beurteilt haben. Da die Klage, mit denen sich die Mieter gegen die Kündigungen zur Wehr gesetzt hatten, in erster Instanz abgewiesen worden und hierdurch die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt worden war, durften die Beklagten bei der Beschlussfassung über diese Maßnahmen von der Rechtswirksamkeit der Kündigungen ausgehen.
Das Revisionsverfahren wurde durch Zurückweisungsbeschluss erledigt.


BGH vom 26.04.2010, Az. II ZR 159/09

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