(ip/RVR) Über die Wirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Betriebs- und Offenhaltungspflicht des Mieters eines Ladengeschäfts in einem Einkaufszentrum hatte der Bundesgerichtshof kürzlich zu entscheiden.

Die Klägerin ist Mieterin eines von deren Rechtsvorgängerin, von der Beklagten seit 1995 für die Dauer von 15 Jahren gemieteten 720 qm Ladenlokals des Einkaufszentrums.

Im Formular-Mietvertrag wurde die Nutzung ausschließlich als T.-Discount vereinbart. Ferner verpflichtet sich der Mieter „das Sortiment entsprechend der oben angeführten Beschränkung einzuhalten. Eine Änderung der genannten Nutzung oder des Sortiments ist dem Mieter ohne vorherige Zustimmung des Vermieters nicht gestattet. Dem Mieter wird keine Sortimentsauschließlichkeit zugesichert. Konkurrenzschutz ist ausgeschlossen.“
Es ist weiter geregelt, dass der „Mietgegenstand während der gesamten Mietzeit seiner Zweckbestimmung entsprechend ununterbrochen zu nutzen“ ist. „Er wird die Mieträume weder ganz noch teilweise unbenutzt oder leerstehen lassen.“

Ferner ist der Discount „an allen Verkaufstagen zu den vom Vermieter festgelegten Öffnungszeiten offenzuhalten“. Vorübergehende Schließungen, sind bis auf Inventuren oder Betriebsversammlungen, nicht zulässig.

Die Mieterin begehrt daher mit Ihrer Klage die Feststellung der Ungültigkeit der vereinbarten Betriebspflicht. Das Landgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht wies diese ebenso ab. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Sie begehrt, der Klage statt zu geben.

Der BGH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.

In den Gründen führt der BGH aus, dass die Regelung betreffend der auferlegten Betriebs- und Offenhaltungspflicht wirksam vereinbart wurde. Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführte ist eine zeitweilige Schließung eines Lebensmitteldiscounters in einem Einkaufszentrum untypisch und unüblich. Ferner ist es „mit dem überwiegenden Interesse des Vermieters sowie mit dem Gesamtinteresse der Mieter an der vollen Funktionsfähigkeit eines Einkaufszentrums nicht vereinbar.“ Der Vermieter sicherte sich durch den Ausschluss des Konkurrenzschutzes, vor dem Einwand, dass das Geschäft in Teilbereichen des Sortiments unter vertragswidrigen Wettbewerb leide, ab. Hierdurch wird „die Betriebspflicht nicht übermäßig verstärkt“.
Auch liegt keine unangemessene Benachteiligung des Mieters aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB bei einer formularmäßigen Vereinbarung der Betriebs- und Offenhaltungspflicht vor. In einem früheren Beschluss entscheid der BGH, dass "nach wohl allgemeiner Auffassung auch eine formularmäßige Abrede, die den Mieter von Gewerberäumen an ein bestimmtes Sortiment bindet oder den Vermieter von einer Verpflichtung zum Konkurrenzschutz freistellt" nicht unangemessen. Der BGH stellte klar, dass die "Kombination der Betriebspflicht mit einer etwa vereinbarten Sortimentsbindung und dem Ausschluss jedes Sortiments- und Konkurrenzschutzes unter dem Aspekt des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht zu beanstanden" ist. Hieran ändert sich nichts durch die Offenhaltungspflicht im Mietvertrag. Die Mieterin wird nicht unangemessen benachteiligt. Von einem Lebensmitteldiscounter mit der größten Ladenfläche wird erwartet, dass dieser durchgehend geöffnet ist. Die Ausnahme von der Offenhaltungspflicht für "Inventur- und Betriebsversammlungen" ist zulässig.

Der BGH stellt klar, dass die Klägerin sich nicht auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen kann. Hier wurde zutreffend durch das Oberlandesgericht ausgeführt, dass grundsätzlich der Mieter das Risiko, bei der Vermietung von Gewerberäumen, einer wirtschaftlich gewinnbringenden Verwendung trägt. "Für die Annahme einer vertraglichen Vereinbarung, nach der ausnahmsweise der Vermieter anstelle des Mieters das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko für ein vermietetes Ladengeschäft tragen solle, bedürfe es konkreter Anhaltspunkte" welche vorliegend fehlen.

Weiter ist den Gründen zu entnehmen, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Geschäfts der auserwählten Lage, dem Verantwortungsbereich des Mieters von Gewerberäumen obliegt. Sowohl die Chance erhöhte Gewinne zu erzielen, als auch das Risiko des Scheiterns des Gesamtobjekts samt seiner Folgen. So führt der Senat aus „Es geht nicht an, einen nach der gesetzlichen Lastenverteilung in die Risikosphäre des Mieters von Gewerberäumen fallenden Umstand als gemeinsame Geschäftsgrundlage der Mietvertragsparteien anzusehen und damit das Risiko des Eintritts oder Nichteintritts dieses Umstandes über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ganz oder teilweise auf den Vermieter zu verlagern“.

Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 242 BGB berufen. Die Beklagte beging keine vorvertragliche Pflichtverletzung, die als treuwidrig anzusehen wäre, wenn weiter an der Betriebs- und Offenhaltungspflicht festgehalten wird. Es wurde auch Vertragsverletzungen für § 242 BGB nicht substantiiert vorgetragen. Auch sagt der Anstieg des Leerstandes von 20% auf 40 % im Einkaufszentrum nichts über die Qualität und Quantität der Vermietungsaktivitäten der Vermieterin aus. Vielmehr ist dieser auf einen Bevölkerungsrückgang zurück zu führen.

Insofern war das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung, zur Feststellung, „ob der von der Klägerin geltend gemachte Eigenbedarf besteht“, zurückverwiesen.

BGH vom 03.03.2010, Az. XII ZR 131/08


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