(ip/RVR) Unterliegt der Anspruch des Gemeinschuldners aus einem Darlehensvertrag der Zweckbindung, den Betrag an einen bestimmten Gläubiger unter Zwischenschaltung eines gemeinsam beauftragten Rechtsanwalts auszuzahlen, soll diese Zuwendung nach einem Urteil des BGH gläubigerbenachteiligend wirken und daher anfechtbar sein.

Um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden verständigte sich die spätere Insolvenzschuldnerin mit dem Gläubiger auf eine Teilzahlung der offenen Steuerschulden, wenn der Insolvenzantrag zurückgenommen wird. Der Lebensgefährte sollte den Betrag darlehensweise zur Verfügung stellen. Schriftlich vereinbart und ausgeführt wurde die Überweisung des Betrags auf ein Fremdgeldkonto eines gemeinsam beauftragten Rechtsanwalts. Dieser leitete das Geld an den Gläubiger weiter, worauf dieser den Insolvenzantrag zurücknahm. Er stellte jedoch ein knappes Jahr später erneut Insolvenzantrag. Nach Verfahrenseröffnung focht der Insolvenzverwalter die Zahlung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 Abs. 1 InsO an.

In den beiden ersten Instanzen wurde die Klage abgewiesen. Es liege keine Rechtshandlung zulasten der Insolvenzmasse vor. „Zwar gehöre der Anspruch des Insolvenzschuldners aus einem Darlehensvertrag trotz des vereinbarten Zwecks, den Kreditbetrag an einen bestimmten Gläubiger auszuzahlen, grundsätzlich zur Insolvenzmasse; das gelte jedoch nicht, wenn der Zweckbindung ein treuhänderischer Charakter zukomme“ (so das Berufungsgericht, Rz. 6 der Entscheidung).

Dies sah der IX. Senat des BGH anders und hob die beiden Entscheidungen auf. Er verweist zunächst auf seine neuere Rechtsprechung zur Gläubigerbenachteiligung, wonach die zurückzugewährenden Werte nicht direkt aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssten, solange der Empfänger die Leistung als solche des Schuldners erkennt. Da die Schuldnerin die Zahlung „veranlasst“ habe, sei diese mittelbare Zuwendung ihr zuzurechnen. Für die Anfechtbarkeit reiche es dabei aus, dass der Gegenwert für das, was über die Mittelsperson an den Gläubiger gelangt ist, aus dem Vermögen des Leistenden stammt. Die Gläubigerbenachteiligung liege gerade darin, dass die Mittel nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt sind beziehungsweise dem Gläubigerzugriff entzogen wurden.

Daran ändere auch die Zweckvereinbarung und der treuhänderische Charakter nichts. Zwar könne aus der Zweckbindung die Unpfändbarkeit des Anspruchs gemäß § 851 Abs. 1 ZPO folgen. Trotz § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO folge daraus aber nicht zwangsläufig die Massefreiheit der Forderung. Weder diene die aus der Unabtretbarkeit folgende Unpfändbarkeit dem Schutz des Schuldners, noch solle daraus eine insolvenzfeste haftungsrechtliche Zuweisung an den Drittgläubiger folgen. In der vorliegenden Konstellation könne der Anspruch gleichwohl zur Insolvenzmasse gehören.

Nach den Absprachen sollte lediglich die geplante Ratenzahlungsvereinbarung abgesichert werden. Dem Beklagte sollte aber weder ein die Veräußerung hinderndes Recht gemäß § 771 ZPO, noch ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO oder ein Absonderungsrecht verschafft werden. Folglich sei der Beklagte nur Insolvenzgläubiger und müsse sich den Gleichbehandlungsgrundsatz gefallen lassen, was sein Ansinnen auf bevorzugte Befriedigung entfallen ließe.

Auf die Zweckvereinbarung könne es anfechtungsrechtlich nicht mehr ankommen, da das Interesse von Schuldnerin und Lebensgefährten hieran spätestens mit Insolvenzeröffnung erloschen sei.

Würde man diese Konstellation anders behandeln, könne der Schuldner außerdem die an sich bestehenden Rückgewähransprüche dadurch unterlaufen, indem er lediglich eine Zwischenperson einschaltet, als Zweckbindung die Befriedigung des bevorzugten Gläubigers vereinbart und die Auszahlung über ein Fremdgeldkonto vornehmen lässt.

BGH vom 17.03.2011, Az. IX ZR 166/08

© Copyright immobilienpool.de Media / RVR Rechtsanwälte Stuttgart