(ip/pp) Mit der rechtsbeachtlichen Duldung eines illegalen Gebäudes hatte sich das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in einem aktuellen Fall zu beschäftigen – also damit, ob die zuständige Baubehörde in Kenntnis der formellen und ggf. materiellen Illegalität zu erkennen zu geben schien, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenke. Ferner war zu klären, ob die betreffende Zustellung dabei am Geschäftssitz der vertretenen Instanz zu erfolgen habe oder auch an die postalischen Adresse des Vertreters erfolgen könne, oder gar, ob das Schriftstück, das zuzustellen sei, der Person, der es zugestellt werden solle, an jedem beliebigen Ort übergeben werden könne, an dem sie angetroffen werde.

Konkret ging es um ein vorinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts, ein Schwimmbad in einem Rundturm sei baurechtlich illegal und zu beseitigen. Klarzustellen war erst einmal die Frage des Adressaten für eine derartige Intervention. “Richtiger Adressat für die Inanspruchnahme als Zustandsstörer wegen der Illegalität eines Gebäudes auf einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück ist allerdings nicht der Eigentümer des Grundstücks, sondern der Erbbauberechtigte” so die Richter des OVG. Weiter führten sie aus:

1. Eine an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gerichtete Ordnungsverfügung kann dem geschäftsführenden Gesellschafter unter seiner - mit dem Sitz der Gesellschaft nicht identischen - Postanschrift zugestellt werden.

2. Richtiger Adressat für die Inanspruchnahme als Zustandsstörer wegen der Illegalität eines Gebäudes auf einem mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück ist der Erbbauberechtigte (hier: die GbR als Erbauberechtigte).

3. Eine rechtsbeachtliche Duldung eines illegalen Gebäudes ist erst dann anzunehmen, wenn die zuständige Baubehörde in Kenntnis der formellen und ggf. materiellen Illegalität zu erkennen gibt, dass sie sich auf Dauer mit dessen Existenz abzufinden gedenkt.

4. Rechtsirrige Äußerungen von Behördenvertretern, ein Gebäude sei rechtmäßig, sind nicht als "aktive Duldung" zu werten und können auch im Hinblick auf eine "Verwirkung" kein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand eines unrechtmäßigen Gebäudes begründen.

5. Selbst Fehlverhalten von Amtsträgern, die ein illegales und materiell-rechtswidriges Verhalten zumindest sehenden Auges in Kauf genommen haben, hindert die Bauaufsichtsbehörde nicht, wieder baurechtmäßige Zustände zu bewirken.

6. Die Bauaufsichtsbehörde, die eine GbR als Störerin in Anspruch nimmt, kann auch die einzelnen Gesellschafter der GbR mit dem Ziel in Anspruch nehmen, die veranschlagten Vollstreckungskosten bei nicht fristgerechter Erfüllung durch die Gesellschaft notfalls im Wege der Vollstreckung gegenüber den einzelnen Gesellschaftern beizutreiben.

7. Nimmt die Behörde minderjährige Gesellschafter in Anspruch, hat sie bei der Inanspruchnahme nicht bereits eventuelle künftige Haftungsbeschränkungen auf Grund des § 1629a BGB zu bedenken; solche können - nach ihrem Eintritt - ggf. gegenüber Vollstreckungsmaßnahmen geltend gemacht werden.

8. Ein beachtlicher Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor, wenn es lediglich wegen der unrichtigen Annahme der Verhinderung eines ehrenamtlichen Richters des Verwaltungsgerichts zu einer "Verschiebung" der zur Entscheidung berufenen ehrenamtlichen Richter kommt.

9. Bei den auf gewissenhafte Amtsführung vereidigten ehrenamtlichen Richtern darf das Verwaltungsgericht regelmäßig davon ausgehen und sich ohne weitere Ermittlungen darauf verlassen, dass sie sich ihrer richterlichen Pflicht nicht ohne triftigen Grund entziehen.”

OVG Nordrhein-Westfalen, Az.: 7 A 103/08