(IP) Hinsichtlich der unterschiedlichen Funktionen notarieller Beurkundung, hier hinsichtlich einer aus einer Zwangsversteigerung hervorgegangenen Immobilie, hat das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) mit Leitsatz entschieden.

„Gemäß § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Das Erfordernis der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB soll zum einen die Vertragsparteien vor der übereilten Eingehung einer Verpflichtung zur Veräußerung oder zum Erwerb bewahren (Übereilungsschutz, Warnfunktion). Daneben soll durch das Verfahren der notariellen Beurkundung der Beweis (vgl. § 415 ZPO) der getroffenen Vereinbarung gesichert werden (Beweisfunktion), eine Gewähr dafür geschaffen werden, dass der Wille der Vertragsparteien richtig, vollständig und wirksam gefasst wird (Gültigkeitsgewähr) und den Vertragsparteien eine sachgemäße Beratung gegeben werden (Betreuungsfunktion)“.

Der Kläger machte gegenüber der Beklagten einen Honoraranspruch für die Übertragung einer Ankaufsoption bezüglich eines Grundstücks geltend. Mit einer vorgelegten notariell beurkundeten Erklärung wurde dem Kläger der Abschluss eines Kaufvertrages über einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück zu einem Kaufpreis von 740.000 € angeboten. In dieser Erklärung wurde dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt, das Angebot selbst anzunehmen oder einen Dritten zu benennen, der das Angebot annehmen kann. Des Weiteren wurden dem Kläger Vollmachten zur Eintragung einer Vormerkung und zur Abgabe und Entgegennahme aller Erklärungen, die zur Durchführung des Kaufvertrags nötig sind, erteilt.

Darauf schloss der Kläger mit der Beklagten eine Honorarvereinbarung mit u.a. folgendem Inhalt: „[Der Kläger] möchte diese Kaufoption auf die [Beklagte] übertragen. Für die notarielle Übertragung dieser Kaufoption zahlt die [Beklagte] an [den Kläger] ein Honorar in Höhe von 150.000 €. Dieses Honorar ist verdient mit der notariellen Übertragung dieser Kaufoption auf die [Beklagte]. Wobei klargestellt wird, dass es nicht ausreichend ist, dass [der Kläger] diese Kaufoption einseitig auf die [Beklagte] überträgt. Sie ist erst verdient, wenn die [Beklagte] notariell dieser Übertragung zugestimmt hat.“

Die Beklagte nahm das die Immobilie betreffende Angebot dann jedoch nicht aufgrund der dem Kläger gegenüber abgegebenen Angebotserklärung an, sondern ließ die Bindungsfrist des Angebots verstreichen. Sie erwarb den Miteigentumsanteil an dem Grundstück jedoch später unmittelbar, ohne Beteiligung des Klägers, für den ein Honorar fällig gewesen wäre. Der klagte darauf.

Saarländisches OLG, Az.: 4 U 14/15

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