(ip/RVR) Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger wendet sich gegen einen von der Eigentümerversammlung im August 2008 gefassten Beschluss, durch den der Verteilungsschlüssel für die Heizkosten dahin geändert wurde, dass diese ab dem 1. Januar 2009 zu 70 % nach Verbrauch und zu 30 % nach Wohnfläche abzurechnen sind. Die Gemeinschaftsordnung sah ursprünglich eine Verteilung der Heizkosten je zur Hälfte nach Verbrauch und nach Wohnfläche vor und bestimmt, dass für die Änderung des Verteilungsschlüssels drei Viertel aller Stimmen erforderlich sind. Ende 1999 hatte die Eigentümerversammlung einstimmig beschlossen, die Heizkosten zu 100 % nach Verbrauch zu verteilen. Der Beschluss vom August 2008 wurde vom Amtsgericht für ungültig erklärt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Anfechtung des Beschlusses weiter.
Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Änderung des Verteilungsschlüssels konnte gemäß § 16 Abs. 3 WEG mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. § 16 Abs. 3 WEG begründet die Kompetenz der Wohnungseigentümer, durch Stimmenmehrheit zu beschließen, dass die Betriebskosten im Sinne dieser Vorschrift statt nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile zueinander (§ 16 Abs. 2 WEG) nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder einem anderen Maßstab verteilt werden. Diese Beschlusskompetenz kann durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden, § 16 Abs. 5 WEG. Entgegenstehende Bestimmungen in Gemeinschaftsordnungen sind deshalb unwirksam; das gilt auch dann, wenn sie, wie hier, bei Inkrafttreten der Neufassung von § 16 WEG am 1. Juli 2007 bereits bestanden haben. Das in der Gemeinschaftsordnung bestimmte Quorum von drei Vierteln aller Stimmen musste folglich nicht erreicht werden.

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschlusskompetenz der Mehrheit auch nicht deshalb eingeschränkt, weil die Wohnungseigentümer 1999 einstimmig eine rein verbrauchsabhängige Verteilung der Heizkosten beschlossen hatten. Selbst wenn dies als eine rechtsgeschäftliche Bestimmung im Sinne von § 10 HeizkostenVO anzusehen sein sollte, bedeutet dies nicht, dass eine Änderung dieses Maßstabes wiederum einen einstimmig gefassten Beschluss erforderte. Die Vorschrift des § 10 HeizkostenVO räumt der Privatautonomie insoweit Vorrang vor den Vorschriften der Heizkostenordnung ein, als deren Ziel, Nutzer zu einem sparsamen Gebrauch von Energie anzuhalten, durch eine Vereinbarung zwischen dem Gebäudeeigentümer und den Nutzern mehr als erfüllt ist, weil höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 HeizkostenVO genannten Höchstsätze von 70 vom Hundert vereinbart wurden. Auch die Vereinbarung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche rechtsgeschäftliche Bestimmung geändert werden kann, unterliegt dann grundsätzlich der Privatautonomie.

Dies gilt jedoch nicht für eine von Wohnungseigentümern getroffene rechtsgeschäftliche Bestimmung. Zwar entspricht das Verhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu den einzelnen Wohnungseigentümern nach der Konzeption der Heizkostenverordnung dem Verhältnis von Gebäudeeigentümer und Nutzer (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 HeizkostenVO). Die Privatautonomie der Wohnungseigentümer wird jedoch durch § 16 Abs. 5 WEG begrenzt. Da die Befugnis der Mehrheit, die Verteilung der Heizkosten im Rahmen von § 16 Abs. 3 WEG zu bestimmen und - ggf. wiederholt - zu ändern, nicht durch Vereinbarungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden darf, ist die Festlegung eines Verteilungsschlüssels, welcher nur einstimmig geändert werden kann, nach § 16 Abs. 5 WEG unzulässig. Demnach kann auch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer, Heizkosten ausschließlich nach Verbrauch abzurechnen, durch Mehrheitsbeschluss geändert werden.
Ferner steht die Regelung in § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HeizkostenVO a.F., wonach der Verteilungsschlüssel nur bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeiträumen nach seiner erstmaligen Bestimmung geändert werden kann, der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses nicht entgegen. Ob eine Änderung des Verteilungsschlüssels für Heizkosten mit der Heizkostenverordnung vereinbar ist, bestimmt sich nach der Fassung der Verordnung, welche bei erstmaliger Geltung des neuen Schlüssels in Kraft ist. Für Abrechnungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 2008 begonnen haben, gilt die Neufassung der Verordnung (vgl. § 12 Abs. 6 HeizkostenVO a.F.) Da die Änderung des Verteilungsschlüssels mit Wirkung für den am 1. Januar 2009 beginnenden Abrechnungszeitraum beschlossen wurde, ist hier die Neufassung maßgeblich, in der eine dem § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 HeizkostenVO a.F. entsprechende Beschränkung fehlt. Ob der angefochtene Beschluss mit Blick auf die beabsichtigte Neuregelung der Heizkostenordnung gefasst worden ist, ist unerheblich- maßgeblich ist, dass sein Inhalt mit dem für den betroffenen Abrechnungszeitraum geltenden Recht vereinbar ist; ob dies beabsichtigt war oder eher auf einem Zufall beruht, ist unerheblich.

Inhaltlich ist deshalb nur entscheidend, ob die beschlossene Änderung des Verteilungsschlüssels ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach.
Dahinstehen kann, ob die Änderung eines durch Beschluss festgelegten Kostenverteilungsschlüssels (Zweitbeschluss) nur ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, wenn ein sachlicher Grund für die Bestimmung eines neuen Abrechnungsmaßstabs besteht.

Denn die Änderung eines Verteilungsschlüssel, welcher nicht der Heizkostenverordnung entspricht, ist in aller Regel, und so auch hier, als sachgerecht anzusehen.

Bei Änderungen des Umlageschlüssels im Wege des § 16 Abs. 3 WEG können die Wohnungseigentümer jeden nach der Heizkostenverordnung zulässigen Maßstab wählen, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteilung Einzelner führt. Die hier beschlossene Abrechnung zu 70 % nach Verbrauch und 30 % nach Wohnfläche ist ein von der Heizkostenverordnung vorgesehener Maßstab, welcher auf der Annahme beruht, dass bis zu 30 % der Gesamtkosten unabhängig vom individuellen Verbrauchsverhalten entstehen; zudem werden durch einen solchen Festanteil Vor- und Nachteile einzelner Nutzer nivelliert, welche sich aus der Lage ihrer Wohnung im Haus ergeben. Dass die Verteilung der Heizkosten nach diesem Maßstab aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls zu einer groben Benachteiligung einzelner führen könnte, wird von dem Kläger nicht geltend gemacht.

BGH vom 16.07.2010, Az. V ZR 221/09
 

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