(ip/RVR) Die Beklagten gaben der Klägerin auf deren Vertragsformular ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags über die Erstellung eines Ausbauhauses ab. Die von den Beklagten unterzeichnete Urkunde trägt das Datum des 31.März 2008. Die Beklagten behaupten, sie sei tatsächlich am 9.April 2008 unterzeichnet worden. Nach den vertraglichen Bestimmungen sollte der Werkvertrag mit Zugang der schriftlichen Bestätigung durch die Klägerin zustande kommen. Gemäß ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen konnte die Klägerin das Angebot innerhalb einer Monatsfrist nach Unterzeichnung des Vertrags durch die Beklagten annehmen. Die Klägerin unterschrieb den Vertrag am 29.April 2008. Wann die unterschriebene Urkunde den Beklagten zugegangen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagten kündigten den Vertrag, bevor die Klägerin Leistungen erbracht hatte. Die Klägerin beansprucht deshalb gemäß § 8 Nr.1 ihrer AGB 15 % des Vertragspreises als pauschalierte Vergütung. Die Klausel lautet:

'Kündigt der Bauherr nach § 649 BGB den Vertrag, ohne dass das Unternehmen dies zu vertreten hat, stehen dem Unternehmen die in § 649 BGB geregelten Ansprüche zu. Statt der sich aus § 649 BGB ergebenden Ansprüche kann das Unternehmen die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nach den vereinbarten Vertragspreisen abrechnen und darüber hinaus zusätzlich als Ersatz für die sonstigen Aufwendungen und den entgangenen Gewinn einen Pauschalbetrag in Höhe von 15 % des Teilbetrags aus dem Gesamtpreis gemäß § 1 Abs.3 verlangen, der auf den Teil der Leistungen entfällt, die das Unternehmen bis zur Kündigung noch nicht ausgeführt hat. Dieser pauschalierte Anspruch steht dem Unternehmen nicht zu, wenn der Bauherr nachweist, dass der nach § 649 BGB dem Unternehmen zustehende Betrag wesentlich niedriger als die Pauschale ist.'

Der 7. Senat des BGH bezog hierzu mit folgenden Hinweisen Stellung:

AGB sind so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Knüpft eine Vertragsklausel in von Verkaufsberatern vermittelten Verträgen über den Hausbau das Zustandekommen des Vertrages an Erklärungen des Unternehmers, die innerhalb einer Frist nach Unterzeichnung des Vertrages durch den Besteller abgegeben werden müssen, so besteht für beide Parteien ein erkennbares Bedürfnis, diese Frist anhand des Vertragsformulars sicher berechnen zu können. Sieht das Vertragsformular eine Datumsangabe für die Erklärungen der Vertragsbeteiligten vor, muss das darin eingetragene Datum für die Fristberechnung maßgebend sein, insbesondere weil dem Unternehmer, dem die Verträge durch Verkaufsberater vermittelt werden, der Zeitpunkt der tatsächlichen Zeitpunkt regelmäßig unbekannt ist, und er keine anderen Anhaltspunkte im Vertrag für die Berechnung der Monatsfrist findet als das Datum der Unterzeichnung. Eine Auslegung der Klausel dahin, dass für die Fristberechnung das tatsächliche Datum der Unterzeichnung des Vertrages maßgeblich sein soll, kann den Interessen der Vertragsparteien nicht gerecht werden. Für die Fristberechnung ist deshalb das im Vertragsformular unter der Rubrik 'Ort, Datum' eingetragene Datum maßgebend. Auf das tatsächliche Datum der Unterzeichnung kommt es nicht an.

Zudem ist die vertragliche Pauschalierungsvereinbarung in § 8 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.

Dies kann jedoch nicht aus der Regelung des § 649 S.3 BGB hergeleitet werden. § 649 S.3 BGB ist kein Leitbild für die Vereinbarung von Vergütungspauschalen im Falle einer freien Kündigung. Bei einer Kündigung nach § 649 Satz 1 BGB kann der Unternehmer gemäß Satz 2 dieser Vorschrift grundsätzlich die vereinbarte Vergütung verlangen, muss sich aber die ersparten Aufwendungen sowie einen etwaigen anderweitigen oder böswillig unterlassenen Erwerb anrechnen lassen. Nach § 649 S.3 wird vermutet, dass dem Unternehmer 5 % der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Der Besteller kann den Nachweis einer höheren Ersparnis i.S.d. § 649 S.2 führen. Der Gesetzgeber wollte hiermit nicht ein gesetzliches Leitbild für Pauschalierungsabreden der Vertragsparteien schaffen und damit bewirken, dass der Unternehmer stets konkret abrechnen muss, wenn er eine Vergütung geltend macht, die die gesetzliche Pauschale übersteigt; vielmehr sollte die sekundäre Darlegungslast der Unternehmer und mithin die Durchsetzung des Anspruchs erleichtert werden.

Den Maßstab für Pauschalierungsabreden in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt § 308 Abs. 7a BGB vor. Prüfungsmaßstab für die Angemessenheit der vereinbarten Pauschale ist, was ohne die Klausel vom Vertragspartner der Klägerin nach dem Gesetz typischerweise geschuldet würde (vgl. § 649 S.2 BGB). Für die Entscheidung, ob sich die pauschalierte Vergütung im Rahmen des nach dem Gesetz Geschuldeten hält, kommt es auf die typische Sachlage bei vorzeitiger Beendigung derartiger Verträge an. Die Unangemessenheit wird nicht durch § 649 S.3 BGB indiziert. Eine feste Grenze, von der ab ein bestimmter Prozentsatz als eine im Sinne des § 308 Nr.7a BGB nicht mehr als angemessene Pauschale anzusehen ist, wenn der Vertrag vor Erbringung werkvertraglicher Leistungen gekündigt wird, hat der BGH für Verträge über ein Ausbauhaus nicht festgelegt. Der Senat hat bei Fertighausverträgen in einem solchen Fall eine Pauschale von 10 % nicht beanstandet; die Zulässigkeit einer Pauschale von 18 % der vereinbarten Vergütung hat er ohne abschließende Entscheidung zu diesem Punkt als äußerst zweifelhaft bezeichnet. Die von der Klägerin geltend gemachte Pauschale von 15 % des Bruttobetrags beläuft sich auf 17,85 % des Nettobetrags. Von diesem Betrag ist gemäß § 649 BGB bei der Berechnung des Vergütungsanspruchs für nicht erbrachte Leistungen auszugehen. Die Beurteilung der Angemessenheit dieser Pauschale würde mangels Kenntnis der nach Kündigung eines Hausvertrages typischerweise anfallenden Vergütung tatrichterlicher Feststellungen erfordern.

Die in AGB eines Unternehmers enthaltene Vergütungspauschalierung auf 15 % des Teilbetrags aus dem Gesamtpreis, der auf den Teil der Leistungen entfällt, die der Unternehmer bis zu einer freien Kündigung noch nicht ausgeführt hat, ist aber ohnehin unwirksam, wenn - wie hier - die Berechnung dieses Vergütungsteils von der Berechnung der Vergütung für erbrachte Leistungen abhängt und diese unklar geregelt ist.

Dem Besteller lässt sich die im Falle einer Kündigung geschuldete Vergütung nicht ausreichend klar und verständlich entnehmen lässt, § 307 Abs.1 S.2 BGB (Transparenzgebot). Die Klausel enthält nicht vorhandene Berechnungsgrößen, sodass sie unklar und unverständlich ist. Die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen sollen nach den 'Vertragspreisen' berechnet werden. Der Vertrag sieht jedoch lediglich einen Gesamtpreis vor. Sollte die Klausel mit 'Vertragspreisen' diejenige Vergütung gemeint haben, die nach Baufortschritt als Rate zu zahlen ist, kommt das nicht hinreichend klar zum Ausdruck. Von diesem Verständnis kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil vereinbarte Teilzahlungen nicht maßgeblich sein müssen für die Bemessung der Vergütung für die im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich erbrachten Leistungen. Zudem würde die Klausel keine Auskunft darüber geben, wie die Vergütung berechnet wird, wenn die vom Auftragnehmer erbrachte Leistung im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht vollständig einem Baufortschritt entspricht. Mithin ist die Klausel ist unwirksam. Dass sie auch Fälle abdeckt, in denen die Pauschale vom Gesamtpreis gebildet werden könnte, weil keinerlei Leistungen erbracht worden sind, ändert daran nichts, denn eine geltungserhaltende Reduktion auf diesen Anwendungsbereich kommt nicht in Betracht.

BGH vom 05.05.2011, Az. VII ZR 181/10


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