(ip/RVR) Schließt der Vermieter mit dem Mieter einen Mietaufhebungsvertrag, so sollen die daraus resultierenden Ausgleichszahlungen bei einer späteren Zwangsverwaltung des Mietgrundstücks weder von der Beschlagnahme erfasst sein, noch eine Abtretung dieser Forderungen Vorausverfügungen im Sinne von § 1124 Abs. 2 BGB darstellen. So entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 08.12.2010.

Der Mieter schloss mit der Beklagten im Jahre 2003 einen befristeten Mietvertrag über Gewerberäume zum Betrieb eines Restaurants. Da lange vor Fristende der Betrieb des Restaurants im Sommer 2004 eingestellt wurde, schlossen die Parteien einen Mietaufhebungsvertrag. Darin verpflichtete sich der Mieter zu Ausgleichszahlungen, falls die künftigen Mieteinnahmen mit einem neuen Mieter hinter den seinigen Mietzinszahlungen zurückbleiben sollten.

In der Folgezeit schloss die Beklagte einen neuen Mietvertrag mit niedrigerem Zins und der ehemalige Mieter leistete zunächst die besagten Ausgleichszahlungen. Im Dezember 2005 verkaufte die Beklagte die Forderungen aus dem Aufhebungsvertrag an die jetzige Klägerin und trat sie an selbige ab. Im Juni 2006 wurde über das Mietgrundstück die Zwangsverwaltung angeordnet und die Beklagte zur Zwangsverwalterin eingesetzt.

Da der ehemalige Mieter die Zahlungen im September 2006 einstellte, erhob die jetzige Beklagte Zahlungsklage mit der Folge, dass der ehemalige Mieter einen Betrag bei Gericht hinterlegte. Die Freigabe dieses Betrags machte die jetzige Klägerin geltend und blieb damit in den ersten beiden Instanzen erfolglos. Der XII. Senat des BGH gab ihrer Klage in der Revision statt.

Die Klägerin sei durch die wirksame Abtretung der Ansprüche Inhaberin der Forderungen geworden. Allerdings sei sie auch zur Geltendmachung des Anspruchs gegenüber der Beklagten berechtigt, da die Abtretung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als Vorausverfügung über eine Mietforderung gegenüber der Beklagten gemäß §§ 146 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 ZVG in Verbindung mit §§ 1123 Abs. 1, 1124 Abs. 2 BGB unwirksam sei.

Der Umfang der Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung richte sich nach dem Haftungsverband der Hypothek. Die Zwangsverwaltung erfasse nach §148 Abs. 1 ZVG auch Miet- und Pachtforderungen im Sinne von § 1123 BGB. Eine relativ unwirksame Vorausverfügung setze deshalb eine Miet- oder Pachtzinsforderung gegen den Schuldner voraus, auf die durch Rechtsgeschäft eingewirkt wird. Um eine solche Forderung handle es sich bei den streitgegenständlichen Forderungen jedoch nicht. Entgegen dem Berufungsgericht könne die Beschlagnahme auch nicht durch entsprechende Anwendung der Normen auf die Ausgleichszahlungen erweitert werden.

Das Gericht argumentiert mit dem Zweck der Zwangsverwaltung: Die Befriedigung des Gläubigers sei aus den Nutzungen des Grundstücks zu erreichen. Deshalb erweitere § 148 ZVG den Umfang der Beschlagnahme auch auf Erträge aus Vermietung des Grundstücks. „Auf andere Forderungen des Vollstreckungsschuldners, selbst wenn sie im Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, kann der Vollstreckungsgläubiger dagegen nicht zugreifen. Eine Erweiterung der Beschlagnahme über den gesetzlichen Umfang hinaus kommt daher nur für Forderungen in Betracht, die an Stelle einer Miet- oder Pachtforderung einen Ausgleich für die Nutzung des Grundstücks durch Dritte darstellen“ (Rz. 20 der Entscheidung).

Da die geschuldete Ausgleichzahlung keinen Ertrag darstelle, der durch die Nutzung des Grundstücks erwirtschaftet wird, sondern einen Ausgleich für den Schaden, welcher aus der vorzeitigen Mietbeendigung resultiert, sei die Mietausfallforderung nicht mit den genannten Nutzungsersatzansprüchen vergleichbar. Mithin scheide eine entsprechende Anwendung von §§ 1123 ff. BGB aus.

BGH vom 08.12.2010, Az. XII ZR 86/09


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