(IP) Hinsichtlich fehlerhafter Wohnflächenberechnung und etwaiger Haftung des Sachverständigen hat das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig mit Leitsatz entschieden.

„1. Auch wenn ein Verkehrswertgutachter den Wert einer Eigentumswohnung um nur 2.000 Euro fehlerhaft berechnet, kann ein unrichtiges Gutachten i.S.d. § 839a BGB vorliegen.

2. Der Sachverständige handelt grob fahrlässig, wenn er außer Acht gelassen hat, was jedem Sachverständigen hätte einleuchten müssen und diese Pflichtverletzung schlechthin unentschuldbar ist.

3. Das Vertrauen des Bieters darauf, dass die der Ermittlung des Verkehrswerts zu Grunde gelegten Werte korrekt sind, ist nicht geschützt, denn der Sachverständige haftet nicht, wenn er zwar von unrichtigen Anknüpfungstatsachen ausgegangen ist, der Verkehrswert aber im Ergebnis richtig ist.“

Die Klägerin nahm den Beklagten als Sachverständigen auf Schadensersatz in Anspruch, da er in einem Zwangsversteigerungsverfahren grob fahrlässig ein fehlerhaftes Verkehrswertgutachten erstellt haben soll.

Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da der von der Klägerin geltend gemachte Schaden vom Schutzzweck des § 839 a BGB nicht umfasst sei.

Gegen das der Klägerin zugestellte Urteil hatte diese Berufung eingelegt. Ihr stehe entgegen der Ansicht des Landgerichts auch Schadensersatz zu, wenn sie in Kenntnis der geringeren Wohnfläche ein niedrigeres Gebot abgegeben und dann von Dritten überboten worden wäre. Das Bestehen oder Nichtbestehen eines Schadensersatzanspruchs der Klägerin könne nicht allein davon abhängig sein, welche (hypothetischen) Biet-Entscheidungen Dritte bei einem korrekten Wertgutachten getroffen hätten. Sachgerecht sei es demgegenüber, die Schadensersatzberechnung an die Verkehrswertdifferenz oder das Verhältnis der fälschlicherweise festgestellten zur tatsächlich vorhandenen Wohnfläche zu knüpfen. Die landgerichtliche Entscheidung verkenne, dass der Klägerin kein hypothetischer Schaden, sondern tatsächlich ein Schaden entstanden sei.

Der Beklagte hafte, weil er die Unterlagen, in denen er in den Bauplänen das Wort "nicht" gestrichen und aus einem "nicht ausgebauten" ein "ausgebautes" Zimmer gemacht habe, vorsätzlich manipuliert habe, ohne die Änderung für jedermann kenntlich zu machen. Da ein Sachverständiger wisse, dass sich die Bieter auf die Unterlagen verließen und finanziell erhebliche Entscheidungen träfen, habe er den Schaden billigend in Kauf genommen.

OLG Braunschweig, Az.: 2 U 119/14

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