(ip/RVR) Ob der Betreiber einer Internetplattform als Störer für eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums durch ungenehmigte Verwertung von Fotos des Grundstücks auf seiner Plattform verantwortlich ist, war Gegenstand eines der aktuellen Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH).

Die Klägerin ist die öffentlich-rechtliche Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Die Beklagte ist Betreiberin einer Internetplattform, auf der gewerblich und frei beruflich tätige Fotografen Fotos zum entgeltlichen Herunterladen ins Internet stellen können. Sie hat ca. vier Millionen Bilder in dem Bildportal gespeichert, darunter zahlreiche Fotos von Kulturgütern, die von der Klägerin verwaltet werden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte dürfe diese Fotos ohne ihre Genehmigung nicht vermarkten. Sie verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, Fotos der von ihr verwalteten Kulturgüter auf dem Bildportal bereitzustellen. Darüber hinaus begehrt sie Auskunft über die Anzahl der Fotografien und die damit erzielten Einnahmen. Des Weiteren möchte sie die Ersatzpflicht der Beklagten für bereits entstandene und zukünftig noch entstehende Schäden festgestellt wissen.

Das Landgericht gab der Klage statt.

Das Oberlandesgericht wies die Klage ab.

Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts.

Der BGH stellte fest, dass sie Ausführungen des Berufungsgerichts einer rechtlichen Nachprüfung standhalten, so dass die Klägerin von der Beklagten nicht nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangen kann, dass diese keine Fotos der von der Klägerin verwalteten Bauten und Gartenanlagen auf ihrer Internetplattform zum Herunterladen bereitstellt.

Zur Begründung führte der BGH unter anderem aus, dass dieser Anspruch daran scheitert, dass die Beklagte für die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Eigentums durch eine unbefugte Verwertung von Abbildungen ihrer Gebäude und Gartenanlagen nicht verantwortlich ist. Die Beklagte ist keine Störerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.

Die Beklagte haftet nicht als Handlungsstörerin. „Darunter ist nur derjenige zu verstehen, der die Eigentumsbeeinträchtigung durch sein Verhalten, das heißt durch positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen, adäquat verursacht hat (Senat, Urteile vom 24. November 1967 - V ZR 196/65, BGHZ 49, 340, 347 und vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432 mwN).” Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt, so der BGH, körperlich auf das Eigentum der Klägerin zugegriffen und die Klägerin auch sonst nicht in der Nutzung ihrer Grundstücke beeinträchtigt. Die Beklagte hat die auf ihrer Internetplattform aufrufbaren Fotos der von der Klägerin verwalteten Kulturgüter weder selbst angefertigt noch selbst auf ihre Plattform eingestellt. Schließlich vermarktet sie diese Fotos auch nicht selbst.

Darüber hinaus kann die Beklagte auch nicht als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden. In solch einem Fall muss die Beeinträchtigung des Eigentums dem in Anspruch Genommenen zurechenbar sein. „Hierzu genügt es nicht, dass der in Anspruch Genommene Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht.“ Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Hierfür ist entscheidend, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen.

Im vorliegenden Fall geht es nicht um einen Eingriff in die Substanz der Grundstücke oder eine Beeinträchtigung ihrer Nutzung, sondern um eine Verletzung des aus dem Grundstückseigentum folgenden Rechts zur Anfertigung und Verwertung von Abbildungen der Gebäude und Gartenanlagen, die von dem Grundstück aus angefertigt werden. Da diese Beeinträchtigung sich hinsichtlich der Frage nach dem passiv legitimierten Störer nicht von der Verletzung des Urheberrechts oder gewerblicher Schutzrechte bei der Nutzung solcher virtuellen Marktplätze unterscheidet, ist es gerechtfertigt, für diesen Sonderfall der Eigentumsbeeinträchtigung die gleichen Grundsätze heranzuziehen. Danach setzt die Störerhaftung eines Dritten, der nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen hat, die Verletzung von Prüfpflichten voraus. Dem Betreiber einer Internetplattform – wie im vorliegenden Fall – ist es jedoch nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Dies ist anders zu beurteilen, wenn für den Betreiber eine Verletzung von absoluten Rechten oder andere Rechtsverstöße erkennbar sind. In solch einem Fall muss er den konkreten Verstoß abstellen und eine Wiederholung verhindern.

Nach diesen Grundsätzen kann die Beklagte im vorliegenden Fall nicht generell als Störerin angesehen werden, denn den einzelnen Fotos ist nicht anzusehen, ob sie ungenehmigt aufgenommen worden sind. Folglich scheidet der Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1004 BGB aus. Darüber hinaus scheiden auch die an eine Unterlassungsverpflichtung der Beklagten anknüpfenden Folgeansprüche auf Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht aus.

Die Revision gegen das Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Der Betreiber einer Internetplattform ist als Störer für eine Beeinträchtigung des Grundstückseigentums durch ungenehmigte Verwertung von Fotos des Grundstücks auf seiner Plattform nur bei einer für ihn erkennbaren Eigentumsverletzung verantwortlich.“

BGH vom 03.12.2010, Az.: V ZR 44/10


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