(ip/RVR) Ein Urteil, das den Beklagten dazu verurteilt, die Eintragung eines beschränkten dinglichen Rechts in das Grundbuch zu bewilligen, muss das einzutragende Recht vollständig bezeichnen; das Grundbuchamt kann den Mangel fehlender Bestimmtheit der Entscheidung nicht im Wege der Auslegung des Urteilstenors beheben. So entschied der V. Senat des BGH kürzlich infolge der Zurückweisung eines Eintragungsantrags, der darauf gestützt wurde, dass der Erwerber eines Hausgrundstücks verurteilt wurde "die Eintragung eines Nutzungsrechts betreffend die ... Wohnung ... an bereitester Stelle zu bewilligen." Der Erwerber des Grundstücks hatte der Verkäuferin ein Wohnungsrecht an einer Wohnung bestellt und sich ihr außerdem mit weiterem notariellem Vertrag verpflichtet, nach Ablauf einer bestimmten Frist auch eine andere Wohnung unentgeltlich zur Nutzung, einschließlich der Überlassung an Dritte, zur Verfügung zu stellen und das Recht dinglich absichern zu lassen. Dies war Grundlage für das genannte, gegen den Erwerber ergangene Urteil.

Das Grundbuchamt wies den auf die Entscheidung gestützten entsprechenden Antrag auf Eintragung zurück; zu Recht, denn die für die Eintragung erforderliche Bewilligung des Betroffenen (§ 19 GBO) hatte nicht den für eine Eintragung in das Grundbuch erforderlichen Inhalt. Soll das Grundstück des Betroffenen mit einem dinglichen Recht belastet werden, ist das einzutragende Recht vollständig zu bezeichnen, weil die Bewilligung des Betroffenen nach § 19 GBO Art, Inhalt und Umfang der von ihm gestatteten Eintragung bestimmt. Der Inhalt eines nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Urteils muss denselben Anforderungen entsprechen, welche die Grundbuchordnung an die nach § 19 GBO von dem Betroffenen abzugebende Eintragungsbewilligung stellt.

Eine Eintragung gemäß dem Urteilsausspruch war hier nicht möglich. Die beantragte Eintragung eines Nutzungsrechts mit dem Wortlaut des Urteilstenors wäre inhaltlich unzulässig. Das Sachenrecht des BGB kennt verschiedene beschränkte dingliche Rechte, die unterschiedliche Nutzungsbefugnisse an dem belasteten Grundstück gewähren, nicht aber ein (allgemeines) Nutzungsrecht.

Wird der Beklagte verurteilt, die Eintragung eines "Nutzungsrechts" an einer Wohnung zu bewilligen, ergibt sich auch aus der Sicht eines unbefangenen Beobachters nicht zweifelsfrei, dass damit – wie von der Antragstellerin gewünscht - ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB bewilligt worden ist. Denn in dem Urteil wurde die Nutzungsart nicht auf das Wohnen festgelegt. Ein Nutzungsrecht würde auch den Gebrauch allein oder vorwiegend für andere Zwecke (Ausübung kleingewerblicher oder freiberuflicher Tätigkeit) einschließen, wofür ein Wohnungsrecht nach § 1093 BGB jedoch nicht infrage kommt. Dem Urteilstenor kann damit nicht mit der für die Eintragung eines Wohnungsrechts nach § 1093 BGB erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit entnommen werden, dass nur dieses Recht begründet werden soll. Die Sachlage liegt insoweit anders als in den Fällen, in denen - ohne weitere Angaben - ein Wohnungsrecht bewilligt wird, dessen nächstliegende Bedeutung das in § 1093 BGB bestimmte Recht zur ausschließlichen Nutzung einer Wohnung ist, auch wenn dies nicht ausdrücklich bestimmt wird.

Auch die gebotene Heranziehung der Gründe des Prozessurteils führt nicht zu dem Ergebnis, dass der Erwerber zur Bewilligung eines Wohnungsrechts verurteilt worden ist. Den Ausführungen in den Urteilsgründen, dass in der notariellen Urkunde ein Recht zur Nutzung bestellt und ein Anspruch der Verkäufer auf dessen Eintragung begründet worden sei, lässt sich Art und Inhalt des einzutragenden Rechts nicht entnehmen.

Ergibt sich auch aus den Urteilsgründen lediglich, dass ein Nutzungsrecht, aber nicht welches eingetragen werden soll, kann dieser Mangel nicht im Wege einer Auslegung der Urteilsgründe durch das Grundbuchamt behoben werden. Es darf auch keine Eintragung des Rechts erfolgen, das den von den Beteiligten verfolgten Zwecken am ehesten entspräche. Für die Auslegung einer die Eintragungsbewilligung ersetzenden Verurteilung nach § 894 ZPO gilt auch hier nichts anderes als für eine Eintragungsbewilligung, die das einzutragende dingliche Recht nicht erkennen lässt. Haben die Beteiligten sich nur im Grundsatz auf die Bestellung eines dinglichen Rechts, aber nicht auf den Typ des einzutragenden Rechts verständigt, ist der Eintragungsantrag zurückzuweisen. Die Auslegung nach § 133 BGB kann nicht über einen Mangel bei der Einigung hinweghelfen. Die Beteiligten müssen sich (auch) auf den Typ des einzutragenden dinglichen Rechts festgelegt haben und dürfen nicht die Bestimmung des ihren Zwecken am besten entsprechenden Rechts der Entscheidung des Grundbuchamts überlassen.

Die für die Eintragung erforderliche Bestimmtheit ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der in dem Urteil des Prozessgerichts zitierten notariellen Urkunde. Die beurkundeten Erklärungen leiden an demselben Mangel wie das Urteil.

Der Wille der Beteiligten ist nach alledem nicht mit der für eine Eintragung in das Grundbuch erforderlichen Klarheit und Eindeutigkeit festzustellen. Der beurkundende Notar ist seiner Formulierungs- und Gestaltungspflicht, den Willen der Parteien in die der Rechtsordnung entsprechende Form zu transformieren, nicht nachgekommen und das Prozessgericht hat den Willen nicht mit den ihm zur Verfügung stehenden Beweismitteln aufgeklärt, sondern versehentlich einen der erforderlichen Bestimmtheit entbehrenden Titel geschaffen. Die sich daraus ergebende Ungewissheit kann vom Grundbuchamt nicht mehr behoben werden, weil es zu Ermittlungen zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts weder berechtigt noch verpflichtet ist. Da sich aus den vorgelegten Urkunden nicht feststellen lässt, auf welches der in Betracht kommenden dinglichen Rechte sich die Beteiligten verständigt haben, war der Eintragungsantrag zurückzuweisen.

BGH vom 17.11.2011, Az. V ZB 58/11


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