(ip/pp) In einer aktuellen Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH) ging es um die Frage, ob im öffentlichen Baurecht die Haltung eines Pferdes und eines Esels in einem Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sein können. Der Klägerin ging es im Rechtsstreit um die Aufhebung des Bescheids ihres Landratsamts, die Großtierhaltung (1 Pferd, 1 Esel) auf ihrem Grundstück aufzugeben, die betreffende Miststätte zu beseitigen sowie für das bereits errichtete Stallgebäude nachträglich eine Baugenehmigung (nicht zur Großtierhaltung) einzureichen. Für den Fall, dass diese Verpflichtungen nicht erfüllt würden, wurden der Klägerin Zwangsgelder in der Gesamthöhe von 1.500 Euro angedroht.

Das 40 m² umfassende Gebäude, in dem auf einer Fläche von knapp 12 m² (teilweise überdachter Unterstand) die beiden Tiere untergebracht waren, befand sich am Rande eines allgemeinen Wohngebietes - am westlichen Rand des knapp 55 m tiefen und knapp 1.500 m² großen Grundstücks der Klägerin. Westlich direkt anschließend erstreckte sich ein größeres Waldgebiet, weiter nördlich folgten umfangreiche landwirtschaftliche Nutzflächen.

Zu der Anordnung war es gekommen, nachdem sich die Anlieger über die Geruchsbelästigung beschwert hatten, die von der Pferdekoppel und einem Misthaufen ausgingen. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage gegen den Bescheid wies das Verwaltungsgericht ab. Der Senat hatte aber die Berufung zugelassen. Die Klägerin behauptet dabei, störende Geruchseinwirkungen seien nicht zu erwarten. Neben den Geruchsimmissionen von angrenzenden land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen falle eine Geruchsimmission von den beiden Tieren nicht mehr ins Gewicht. Die Tierhaltung trete auch optisch nicht Erscheinung. Das Pferd sei bereits 20 Jahre alt, der Esel werde als "Gesellschaftstier" für das Pferd gehalten.

Das sah der Verwaltungsgerichtshof ähnlich. Ob das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets widersprächen, lasse sich nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beantworten. Die Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets werde nicht nur durch seine allgemeine Zweckbestimmung bestimmt. Charakterisierend sei auch die Lage und die Größe der Grundstücke im Baugebiet oder die Dichte der Bebauung. Auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Baugebiet hineingeplant worden sei, präge seine Eigenart mit. Der Verwaltungsgerichtshof hatte es bereits in einer anderen Entscheidung nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen auch in Wohngebieten eine Pferdehaltung zulässig sein könne. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn es sich um weiträumige Grundstücke handle, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlaubten. Ferner könnte ein Pferdestall unter Umständen dann zugelassen werden, wenn er derart am Ortsrand errichtet worden sei, dass er mehr der freien Landschaft als einem Wohngebiet zugeordnet werden könne.

Auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ergäbe sich, dass nach der örtlichen Situation die fragliche Nutzung durch das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart des Baugebiets nicht widerspräche: Anhand der vorliegenden Pläne und der erörterten Luftbildaufnahmen sei zu ersehen, dass das umfangreiche Baugebiet in seinem für den Rechtsstreit maßgeblichen Teil an weiträumige landwirtschaftlich genutzte Flächen und an ein umfangreiches Waldgebiet angrenzten. Gerade an seinem westlichen Rand, der u.a. das Grundstück der Klägerin umfasse, sei das Baugebiet durch besonders tiefe Grundstücke, große Freiflächen und eine entsprechend lockere Bebauung gekennzeichnet. Das präge die örtliche Situation in einer Weise, dass das Halten eines Pferdes und eines Esels der Eigenart des Baugebiets nicht von vornherein widersprächen.

So fasste der VGH Bayern zusammen:

„Das Halten eines Pferdes und eines Esels kann nach der besonderen Lage des Einzelfalls der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets nicht widersprechen.“

VGH Bayern, Az.: 15 B 08.2380