(ip/RVR) Erhebt ein Wohnungseigentümer Anfechtungsklage gegen den Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft, welcher die Entziehung des Wohnungseigentums des Klägers nach § 18 WEG zum Gegenstand hat, so müsse laut BGH im Rahmen dieser Klage geprüft werden, ob dem Beschluss die erforderliche Abmahnung vorausgegangen ist.

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss die Entziehung des Wohnungseigentums eines ihrer Mitglieder nach § 18 WEG in einem nur teilweise abgetrennten Raum einer Gaststätte. Das Mitglied erhob Anfechtungsklage gegen den Beschluss. Sowohl Amts- als auch Landgericht wiesen die Klage ab. Der BGH hob in der Revision das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zurück an das LG.

Das LG sah den Beschluss als wirksam an. Es seien im Rahmen der Anfechtungsklage ausschließlich die formellen Voraussetzungen des Beschlusses zu prüfen, die materiellen hingegen erst bei der Entziehungsklage der Eigentümergemeinschaft. Zu letzterem gehöre auch das Erfordernis einer vorangegangenen Abmahnung, weshalb dies im Rahmen der Anfechtungsklage unbeachtlich sei. Ein etwaiger Verstoß gegen die Nichtöffentlichkeit der Versammlung gelegentlich der Beschlussfassung in der Gaststätte hätte sich nicht ausgewirkt.

Der BGH hingegen sah die Abmahnung als formelle Voraussetzung des Entziehungsbeschlusses an. Eine Abmahnung sei grundsätzlich erforderlich, auch wenn kein Regelbeispiel nach § 18 Abs. 2 WEG vorliege. Nur ausnahmsweise könne auf sie verzichtet werden, etwa wenn sie unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Prüfungsgegenstand der Anfechtungsklage seien in der Tat die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung. Dazu gehöre aber auch die Frage nach der vorangegangenen Abmahnung bzw. deren Entbehrlichkeit. Der Entziehungsbeschluss stelle eine besondere Prozessvoraussetzung für die Entziehungsklage und die entscheidende Grundlage für die Willensbildung der Eigentümer dar. Diese Willensbildung entspreche nur dann einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn die förmlichen Verfahrensschritte eingehalten wurden. Fehle es an der Abmahnung, so sei die Entscheidungsgrundlage unzureichend.

Dafür spreche auch die Prozessökonomie: Es sei nicht sinnvoll, die Parteien auf das Klageverfahren zu verweisen, wenn der Entziehungsbeschluss schon den äußeren Voraussetzungen für die anschließende Entziehungsklage nicht gerecht werde.

Auch der Gefahr divergierender gerichtlicher Entscheidungen – einmal bei der Anfechtungsklage, das andere mal bei der Entziehungsklage – komme keine ausschlaggebende Bedeutung zu, denn wenn der Entziehungsbeschluss mangels Abmahnung für ungültig erklärt werde, komme es wegen der fehlenden Prozessvoraussetzung zu keiner Entziehungsklage. Umgekehrt entstehe bei erfolgreicher Anfechtungsklage Bindungswirkung nur insoweit, als ein wirksamer Entziehungsbeschluss als Prozessvoraussetzung feststehe.

BGH vom 08.07.2011, Az. V ZR 2/11


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