(ip/RVR) Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Urteil vom 27.01.2010 (VIII ZR 159/09) entschieden, dass das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Eigenbedarfs gem. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sich auch auf die leiblichen Nichten und Neffen des Vermieters erstreckt. Das hat zur Konsequenz, dass allein das vorliegende Verwandtschaftsverhältnis ausreicht, um Eigenbedarf geltend zu machen. Weitere Voraussetzungen sind nicht erforderlich.

Insoweit weicht der BGH von der Entscheidung des Landgerichts Baden-Baden vom 26.05.2009 ab, in der das Verwandtschaftsverhältnis allein als nicht ausreichend eingestuft und zusätzlich noch weitere Voraussetzungen, wie z.B. soziale Bindungen usw., verlangt worden waren.

Zu dem Begriff Familienangehörige im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB macht der Gesetzgeber im Gesetzesentwurf zu § 573 BGB keine Ausführungen. Wenn man zur näheren Bestimmung auf das Familienrecht zurückgreift, so ist die Familie, die Gesamtheit der durch Ehe, Verwandtschaft oder Schwägerschaft verbunden Personen. (MüKo, BGB, 4 Aufl., Bd. 7, Teilband 1, Einleitung Rdn. 31).

In der Literatur und Rechtsprechung ist unbestritten, dass nicht jedes Verwandtschaftsverhältnis ausreicht, um einen Kündigungsgrund zu rechtfertigen, da ansonsten der vom Gesetzgeber gewollte Bestandschutz des Mieters unterlaufen werden würde. Es ist daher eine Einschränkung des Begriffs Familienangehörige im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB angebracht. Die Literatur und Rechtsprechung fordern bei weiter entfernten Verwandten zusätzlich noch soziale Bindungen. Bei nahen Verwandten wird diese Voraussetzung vermutet. Der Senat hat bereits im Jahr 2003 mit Urteil vom 09.07.2003 (VIII ZR 276/02) entschieden, dass Geschwister des Vermieters kraft ihres nahen Verwandtschaftsverhältnisses privilegierte Familienangehörige im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind. Insoweit ist die neue Entscheidung vom 27.01.2010 eine Fortführung dieser Rechtsprechung.

Es ist unbestritten, dass Nichten und Neffen nicht zu den nahen Angehörigen gehören, allerdings - so die Auffassung des BGH - immer noch eng verwandt und somit auch privilegiert im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB sind. Für seine Begründung zieht der BGH andere Rechtsordnungen heran, in denen Familienangehörige zumindest bis zu einem gewissen Verwandtschaftsgrad privilegiert werden, ohne dass eine tatsächliche Verbundenheit nachgewiesen werden muss. So erstreckt sich beispielsweise das Zeugnisverweigerungsrecht (§§ 383 ZPO, 52 StGB) in der Seitenlinie auf bis zum dritten Grad verwandte Personen. Somit steht auch Nichten und Neffen, aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Beziehung zur Partei ein Zeugnisverweigerungsrecht zu.

Unter Berücksichtigung dieser Wertung sieht es der BGH als gerechtfertigt an, auch Nichten und Neffen in den Kreis der privilegierten Familienangehörigen einzubeziehen. Mit der Konsequenz, dass es bei Ihnen, ebenso wie bei Geschwistern des Vermieters (Senatsurteil vom 09.07.2003 a.a.O.) keiner zusätzlichen tatsächlich bestehenden engen sozialen Bindung bedarf.

BGH Urteil vom 27.01.2010, Az. III ZR 159/09


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