(ip/RVR) In einer seiner aktuellen Entscheidungen setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage einer Kündigung eines Vertrages über einen DSL-Anschluss bei Umzug auseinander.

Die Beklagte ist Anbieterin verschiedener Telekommunikationsdienstleistungen. Im Mai 2007 stellte sie aufgrund eines entsprechenden Vertrags mit dem Kläger, der auf die Dauer von zwei Jahren geschlossen wurde, einen DSL-Anschluss her. Im November 2007 zog der Kläger in eine im selben Landkreis gelegene andere Gemeinde um. Da dort keine DSL-fähigen Leitungen liegen, war die Beklagte nicht in der Lage, am neuen Wohnort des Klägers einen DSL-Anschluss zu installieren. Dies teilte sie ihm mit Schreiben vom 6. November 2007 mit. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 11. November 2007 die „Sonderkündigung“ des Vertrags.

Die Beklagte beansprucht trotzdem die vereinbarte monatliche Grundgebühr für die vorgesehene Laufzeit des Vertrags.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Feststellung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag durch die Kündigung zum 12. November 2007 wirksam beendet worden und er nicht verpflichtet ist, die drei Monatsbeträge nebst Zinsen und Kosten in Höhe von 221,52 Euro zu zahlen. Darüber hinaus beantragte er die Verurteilung der Beklagten zum Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.

Die Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

Der Kläger verfolgt mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seine Anträge weiter.

Der BGH entschied, dass die Beurteilungen des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung standhalten, so dass die zulässige Revision in der Sache keinen Erfolg hat.

In seinem Urteil führte der BGH unter anderem aus, dass die Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. „Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 1995 - XII ZR 185/93 - ZMR 1996, 309, 311 und vom 29. November 1995 - XII ZR 230/94 - BGHR BGB § 242 Kündigung, wichtiger Grund 10 jew. zum Mietvertrag).“

Der Gläubiger einer Dienstleistung, der die Leistung infolge Wohnsitzwechsels nicht mehr in Anspruch nehmen kann, hat zwar, so der BGH, ein nachvollziehbares Interesse daran, dem Leistungsanbieter kein Entgelt mehr zu entrichten. Das Berufungsgericht ging jedoch zutreffend davon aus, dass der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, grundsätzlich das Risiko trägt, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Demzufolge stellt ein Umzug prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dar, denn die Gründe für einen solchen Wohnsitzwechsel liegen allein in der Sphäre des Dienstberechtigten.

Der Kläger entschloss sich zur Eingehung eines Vertrags für die Dauer von zwei Jahren, welche ihn in den Genuss einer vergleichsweise niedrigen monatlichen Pauschalgebühr gebracht habe. Hieraus ergibt sich, dass nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag das Risiko der Verwendbarkeit des DSL-Anschlusses während der vereinbarten Vertragslaufzeit beim Kläger liegt. Demzufolge ist in die Interessenabwägung weiter einzustellen, dass bei der Beklagten mit der Bereitstellung des DSL-Anschlusses erhebliche Kosten anfallen, die sich infolge der geringen monatlichen Grundgebühren regelmäßig erst während des zweiten Vertragsjahres rechnen. „Der Beklagten ist es nicht zuzumuten, aufgrund von allein aus der Sphäre des Kunden stammenden Umständen auf die Amortisation ihrer Anfangskosten zu verzichten.“ Das Gleiche gilt für den während der vereinbarten Mindestlaufzeit kalkulierten Gewinn.

Es ist ebenfalls zu beachten, dass der Kläger damit rechnen müsste, dass bei einem Umzug nicht gewährleistet war, dass die Beklagte imstande sein würde, auch an dem neuen Wohnort ihre Leistung zu erfüllen. Denn es sei allgemein bekannt, dass nicht an jedem beliebigen Ort in Deutschland die technischen Voraussetzungen für DSL-Anschlüsse erfüllt sind.

Ein Kündigungsrecht des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 313 Abs. 3 Satz 2 (Wegfall der Geschäftsgrundlage), denn derjenige, der die entscheidende Änderung der Verhältnisse, wie z.B. den Umzug, selbst bewirkt hat, kann aufgrund dieser Änderung keine Rechte herleiten.

Schließlich kann der Schuldner, der von seiner Leistungspflicht gemäß § 275 Abs. 1 bis 3 BGB frei wird, gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB die Gegenleistung weiterhin verlangen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der zum Fortfall der Leistungspflicht führt, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist. Der Umzug des Klägers, der zum Fortfall der Leistungspflicht der Beklagten geführt hat, fällt in seine vertragliche Risikosphäre.

Somit ist die Klage unbegründet. Folglich ist das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis nicht beendet. Der Zahlungsanspruch der Beklagten ist nicht unbegründet. Schließlich kann der Kläger auch nicht Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen.

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Koblenz wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Der Leitsatz fasst zusammen:
„Der Inhaber eines DSL-Anschlusses hat kein Recht zur Kündigung des mit dem Telekommunikationsunternehmen geschlossenen Vertrags vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, wenn er an einen Ort umzieht, an dem keine Leitungen verlegt sind, die die Nutzung der DSL-Technik zulassen.“

BGH vom 11.11.2010, Az.: III ZR 57/10


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