(ip/pp) Hinsichtlich Honoraranpassungen bei Mehrleistungen hatte das Berliner Kammergericht (KG) jetzt zu entscheiden. Die Klägerin hatte restliches Architektenhonorar für die Herrichtung und Erweiterung eines Dienstgebäudes in Höhe von knapp 2.000.000,- Euro begehrt. Die Beklagte verlangte widerklagend die teilweise Rückzahlung von geleisteten Abschlagszahlungen und machte Gegenansprüche wegen nicht oder schlecht erbrachter Leistungen geltend. Für die vertraglichen Leistungen der Klägerin galten nach § 5 des Vertrages folgende Termine bzw. Fristen:

Leistungsphase 6-8: 1. Juni bis 31. Dezember.
Leistungsphase 9: ab Abnahme 24 Monate.

In der Anlage zur Niederschrift zum Vertragsgespräch hielt der von der Beklagten eingesetzte Projektsteuerer als vertragliche Rahmeneckdaten fest, dass die Vertragslaufzeit 19 Monate betrage, davon für die Bauüberwachung gemäß Rahmenterminplan 16 Monate und für die Mängelbeseitigung und vollständige Übergabe 3 Monate. Als Einsatzende wurde der 31. Dezember festgehalten. Die in dem Vertragsformular der Beklagten vorgesehene Klausel "Verzögert sich die Bauzeit durch Umstände, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, wesentlich, so ist für die Mehraufwendungen eine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren", wurde von den Parteien einvernehmlich gestrichen. Die Abnahme der Bauleistungen fand nach Vortrag der Klägerin in den Monaten Februar und März des Folgejahres, nach Vortrag der Beklagten in der Zeit von Januar bis September statt. Die Klägerin hatte in erster Instanz Honorar für die wiederholte Erbringung von Grundleistungen in Höhe von knapp 600.000,- Euro ohne Nebenkosten geltend gemacht. Sie hatte dazu behauptet, weitere Objektüberwachungsleistungen seien erforderlich geworden, da die Beklagte umfangreiche Planungsänderungen und nutzerspezifische Änderungen veranlasst habe, die mit der Fusion zweier Bundesministerien und der dadurch bedingten Umplanung und Erweiterung des Bauvorhabens zur Aufnahme weiterer Staatssekretäre zusammenhingen. Das geltend gemachte Honorar hatte die Klägerin berechnet, indem sie den auf die Objektüberwachung entfallenden Anteil des Honorars auf den Quadratmeter Grundfläche des Bauvorhabens bezogen und den so ermittelten Wert mit der Grundfläche des von einer wiederholt zu erbringenden Objektüberwachungsleistung betroffenen Raumes sowie mit einem Gewerkefaktor multipliziert hat. Den Gewerkefaktor hatte sie aus den Baukosten des von einer wiederholten Bearbeitung betroffenen Gewerkes geteilt durch die Baukosten sämtlicher Gewerke ermittelt.

Das KG entschied:

„1. Die Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs des Architekten/Ingenieurs gegen den Auftraggeber wegen Verletzung der Kooperationspflicht setzt zumindest die Pflichtverletzung und den Annahmeverzug des Auftraggebers voraus.

2. Der Architekt kann einen Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens haben, wenn der Bauherr nicht seine rechtlichen Möglichkeiten zur Vermeidung von Verzögerungen des Bauvorhabens fristgerecht wahrnimmt.

3. Die Geltendmachung von Zusatzhonorarforderungen für Mehrleistungen bzw. Mehraufwendungen unter Berufung auf das Rechtsinstitut des Wegfalls oder der Störung der Geschäftsgrundlage bedingt die wesentliche Änderung von Umständen, die die Parteien übereinstimmend zur Geschäftsgrundlage gemacht hatten, sofern nicht vertraglich dieses Risiko einer Partei zugeordnet wurde.

4. Die Geltendmachung von Zusatzhonorarforderungen für wiederholte Grundleistungserbringung setzt die nachvollziehbare Abgrenzung und den Nachweis der Beendigung der erstmaligen Grundleistungserbringung voraus.?5. Die Honorarforderung über zusätzliche Leistungen bedingt neben dem Nachweis einer Vereinbarung die schlüssige Darstellung eines Honoraranspruchs und dessen Ermittlung.

6. Die Geltendmachung von Zusatzhonorarforderungen für Mehrleistungen gemäß § 4a Satz 2 HOAI setzt die Erhöhung der tatsächlichen Herstellungskosten auf Veranlassungen des Auftraggebers voraus, die wegen einer Honorarvereinbarung nach § 4 Satz 1 HOAI grundsätzlich nicht honorarwirksam wären.

7. Die Vergütung von Mehraufwendungen aus Bauzeitverlängerung nach § 4a Satz 3 HOAI bedingt eine schriftliche Honorarvereinbarung grundsätzlich bei Auftragserteilung.”

KG, Az.: 21 U 165/06