(ip/RVR) Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Die Ehefrau des Schuldners hatte in einer Zwangsversteigerung, die von derselben Bank aus mehreren Grundschulden betrieben wurde, die erstrangige Grundschuld zwischen der Bietzeit und dem Termin zur Verkündung einer Entscheidung über den Zuschlag abgelöst und wollte damit eine Versagung des Zuschlags erreichen. Hierbei hat der BGH Grundsätze dafür aufgestellt, ob diese Vorgehensweise rechtsmissbräuchlich ist und ob die Bank sich dagegen mit einer, hier versuchten, Rückablösung erfolgreich zur Wehr setzen konnte.

Eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung hat der BGH jedoch, anders als das Beschwerdegericht, abgelehnt.

Zwar habe die Bank durch die Ablösung nur einen Teilbetrag der Gesamtforderung erhalten und ein gutes Versteigerungsergebnis wurde auf diese Art und Weise zunichtegemacht.
Der Ehefrau des Schuldners könne jedoch nicht vorgehalten werden, sie habe die abgetretene Zwangssicherungshypothek kurzfristig in das Grundbuch eintragen lassen, denn die Berechtigung, den betreibenden Gläubiger abzulösen, bestehe bis unmittelbar vor der Zuschlagsentscheidung. Auch der Vorwurf, bei der beantragten Aussetzung der Entscheidung über den Zuschlag sei verschwiegen worden, dass in der Zwischenzeit die vorgenommene Ablösung praktiziert werden soll und stattdessen vorgeschoben wurde, die Entscheidung eines Kreditgebers zur Abwendung der Zwangsversteigerung stehe noch aus, wurde von dem BGH zurückgewiesen, da hierzu keine Tatsachenfeststellung vorlag.

Die Ehefrau des Schuldners hatte geäußert, sie wolle mit diesem Vorgehen auch die Interessen ihres Ehemannes zu wahren und das Grundstück im Familienbesitz erhalten. Auch dies konnte ihr nicht vorgeworfen werden, denn das Ablösungsrecht knüpft, so der BGH, nicht an die Willensrichtung des Ablösenden, sondern allein an die Gefährdung des nachrangigen Rechts durch die Zwangsversteigerung an. Auch die Frage, ob die Sicherungshypothek überhaupt eine Aussicht auf einen Erlösanteil habe, sei unerheblich, da ja gerade die Verhinderung der Zwangsversteigerung und damit des Verlustes der Sicherungshypothek Sinn der Ablösung ist. Außerdem, so stellt der BGH fest, kann auch eine solche nachrangige Sicherungshypothek immer noch eine Aussicht auf Zahlung einer Lästigkeitsprämie im Falle eines Verkaufs haben.

Der BGH hat weiter bestätigt, dass auch die Ablösung nur einer der Grundschulden nicht zu beanstanden ist. Die Vorschrift des § 268 Abs. 3 S. 2 BGB, wonach der Übergang der Forderung auf den ablösenden Gläubiger nicht zum Nachteil des Abgelösten geltend gemacht werden kann, gilt nicht hinsichtlich anderer Forderungen oder Rechte, die mit dem abgelösten in keinem rechtlichen Zusammenhang stehen. Dies ist für einzelne Grundschulden jedenfalls der Fall.

Weiter ist es auch nicht rechtsmissbräuchlich, so findet der BGH, wenn durch die Ablösung ein gutes Versteigerungsergebnis zunichtegemacht wird. Es ist der Bank unbenommen, aus den ihr verbliebenen Grundschulden weiterhin die Zwangsversteigerung zu betreiben. Da sie bereits einen erheblichen Betrag zur Ablösung erhalten habe, muss sie auch hinnehmen, dass dann die abgelöste Grundschuld bestehenbleibt.

Die betroffene Bank hatte versucht, sich mit einer sogenannten Rückablösung durch sofortige Rücküberweisung des Ablösungsbetrages vor den hier gezeigten Folgen zu schützen. Der BGH hat die Entscheidung deshalb an das Beschwerdegericht mit dem Hinweis zurückverwiesen, dass geklärt werden muss, ob die Rückablösung erfolgt ist, bevor die Ehefrau die Einstellung des Verfahrens bewilligt hatte. Denn bei einem eingestellten Verfahren besteht wegen des nicht gegebenen Verlangens der Befriedigung aus dem Grundstück kein Ablösungsrecht und demzufolge auch kein Rückablösungsrecht. Sollte sich in der Beschwerdeinstanz herausstellen, dass der Geldeingang bei der Ehefrau erfolgte, bevor deren Einstellungsbewilligung beim Versteigerungsgericht eingegangen war, so wäre diese nicht mehr zur Einstellung des Verfahrens berechtigt gewesen und der Zuschlag zu erteilen. Ein späterer Zeitpunkt des Geldeingangs führt, so der BGH weiter, zur Unwirksamkeit der Rückablösung, sodass aufgrund der wirksamen Einstellungsbewilligung aus der ersten Grundschuld und der sich damit ergebenden nachträglichen Unrichtigkeit des geringsten Gebots wegen der nun bestehenbleibenden Grundschuld der Zuschlag zu versagen sein wird.

Für die betroffene Bank stellt sich das Ganze jedoch als sehr misslich dar, sofern die vom Beschwerdegericht vorzunehmende Beurteilung zu dem Ergebnis führt, dass die Rückablösung unwirksam war. Die Entscheidung selbst war bei dem gegebenen Sachverhalt vorhersehbar und man findet auch keine direkten Angriffspunkte. Das Ergebnis kann trotzdem kaum als gerecht empfunden werden, ist aber darauf zurückzuführen, dass die abgelöste Grundschuld nach erfolgter Einstellungsbewilligung ihre Gestalt ändert und wieder zu einer bestehenbleibenden Grundschuld wird, die sich, obwohl der Versteigerungserlös ausgereicht hätte, eine Zahlung daraus nicht gefallen lassen muss. Man sollte erwarten, dass die Verhinderung einer Zwangsversteigerung durch Ablösung die Bezahlung aller im Range vorgehenden Forderungen voraussetzt. Hier zeigt sich ein weiterer grundsätzlicher Angriffspunkt für die gesetzliche Konstruktion der bestehenbleibenden Grundschulden, denn diese ist letztlich als Ursache für dieses Ergebnis festzustellen.

Der komplette Urteilstext kann hier abgerufen werden:

BGH vom 10.6.2010, Az. V ZB 192/09

 

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