(IP) Hinsichtlich Räumungsfrist bei fristloser Mietvertragskündigung hat das Amtsgericht (AG) Brandenburg entschieden.

„Zwar kann gemäß § 543 Abs. 1 BGB ein Mietverhältnis grundsätzlich auch aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos gekündigt werden, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien – und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.“ „Jedoch wäre für eine derartige Kündigung eine sich über einen längeren Zeitraum hinziehende erhebliche Beeinträchtigung durch einen schweren Verstoß der Beklagten gegen das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme erforderlich, um die Kündigung als wirksam ansehen zu können. Auch hätte die Störung des Hausfriedens in ihrem Ausmaß und ihrer Dauer die Toleranzschwelle in hohem Grade überschreiten und die Vertragsfortsetzung für den gemeinnützigen Kläger unzumutbar machen müssen. Einmalige oder vereinzelte Vorfälle hätten aber ebenso wenig genügt wie Störungen, die dem Bagatellbereich zuzuordnen gewesen wären.“

Der klagende Verein verlangte von einer älteren Beklagten die Räumung einer von ihr bewohnten Wohnung im Obergeschoss. Die gemeinnützige Hausverwaltung als Klägerin ließ die Beklagte wegen angeblich „regelwidrigen Verhaltens“ mehrfach abmahnen. Er behauptete, dass ein befristetes Bestandsinteresse der Beklagten weder grundsätzlich noch im vorliegenden Fall höher zu bewerten sei, als das klägerische Erlangungsinteresse. Die Gründe, die zur Beendigung des Mietverhältnisses und damit zum nunmehr anerkannten Räumungsanspruch geführt hätten, würden nämlich weitaus schwerer wiegen, so dass der Beklagten keine Räumungsfrist zu gewähren sei.

Jene beantragte darauf, eine ins Ermessen des Gerichts gestellte Räumungsfrist zu gewähren. Es läge auch in ihrem eigenen Interesse, die Mieträumlichkeiten zu verlassen. Aus diesem Grunde habe sie den geltend gemachten Räumungs- und Herausgabeanspruch hier auch grundsätzlich anerkannt. So formulierten die Richter zu ihren Gunsten: „Bei seiner Entscheidung zur Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO hat das Gericht zugunsten der Beklagten neben der gerichtsbekannt angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt vor allem aber auch den Umstand mit erheblichem Gewicht berücksichtigt, dass die Beklagte wohl unter nicht ganz unerheblichen psychischen Problemen leidet“.
Aus all´ diesen Gründen ist dann aber in der Regel auch bei einer fristlosen Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses gemäß § 721 ZPO eine Räumungsfrist von mindestens sechs Wochen ... bis zu drei Monaten ... bzw. im Einzelfall sogar bis zu sieben Monaten ... zu gewähren, um der Räumungsschuldnerin/Mieterin die Suche nach einer geeigneten Ersatzwohnung zu ermöglichen und deren Obdachlosigkeit zu vermeiden.“

Das Original-Urteil kann hier abgerufen werden:

AG Brandenburg, Az.: 31 C 34/18

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