(ip/RVR) Der XII. Senat des BGH hatte neulich bzgl. der Klage einer Pächterin einer Gaststätte zu entscheiden, mit der die Pächterin wegen einer nach Vertragsschluss durch das Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz eingetretenen Nutzungsbeschränkung der Gaststätte von der beklagten Verpächterin Schadensersatz begehrte. Die Gaststätte bestand aus zwei nicht voneinander getrennten Räumen. Nachdem Anfang 2008 in Rheinland-Pfalz ein Nichtraucherschutzgesetz in Kraft getreten war, durfte in der verpachteten Gaststätte nicht mehr geraucht werden. Die Pächterin hatte die Verpächterin daraufhin erfolglos zu Umbaumaßnahmen zwecks Schaffung eines den Anforderungen des Nichtraucherschutzgesetzes entsprechenden Raucherbereichs aufgefordert und verlangt nun von ihr Schadensersatz wegen eines behaupteten Umsatzrückgangs als Folge des gesetzlichen Rauchverbots.

Der XII. Senat beschied, dass das Rauchverbot in § 7 Abs. 1 Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz keinen Mangel einer verpachteten Gaststätte darstellt, sodass der Klägerin kein Schadensersatzanspruch nach §§ 581 Abs. 2, 536 a Abs. 1 BGB zusteht. Er führte hierzu aus: Unter einem Mangel i.S.d. §§ 581 Abs. 2, 536 Abs.1 Satz 1 BGB ist die für den Pächter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Pachtsache von dem vertraglich geschuldeten zu verstehen, wobei sowohl tatsächliche Umstände als auch rechtliche Verhältnisse in Bezug auf die Pachtsache als Mangel in Betracht kommen können.

Öffentlichrechtliche Gebrauchshindernisse und -beschränkungen, die dem vertragsgemäßen Gebrauch eines Pachtobjekts entgegenstehen, begründen jedoch nach der Rechtsprechung des BGH nur dann (ggf. nachträglich) einen Sachmangel i.S.v. §§ 536 ff. BGB, wenn sie auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Pachtsache beruhen. Da der Verpächter von Gewerberäumen gemäß §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 2 BGB lediglich verpflichtet ist, den Pachtgegenstand während der Vertragslaufzeit in einem Zustand zu erhalten, der dem Pächter die vertraglich vorgesehene Nutzung ermöglichen (zur Auslegung des Pachtvertrags das Berufungsgerichts in NJW-RR 2010, 203), fallen Gebrauchsbeschränkungen aufgrund anderer gesetzgeberischer Maßnahmen in den Risikobereich des Pächters. Das Verwendungsrisiko bezüglich der Pachtsache (v.a. das Risiko, mit dem Pachtobjekt Gewinne erzielen zu können) trägt bei der Gewerberaummiete grundsätzlich der Pächter. Erfüllt sich die Gewinnerwartung des Pächters aufgrund eines nachträglich eintretenden Umstandes nicht, so verwirklicht sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Pächters. Das gilt auch in Fällen, in denen es durch nachträgliche gesetzgeberische oder behördliche Maßnahmen zu einer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs des Pächters kommt.

Bei dem Erlass des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz handelt es sich um eine Gesetzesänderung, die, vergleichbar einer nachträglichen Änderung der Sperrzeit, in das wirtschaftliche Risiko des Pächters fällt. Denn die mit dem gesetzlichen Rauchverbot zusammenhängende Gebrauchsbeschränkung beruht nicht auf der konkreten Beschaffenheit der Pachtsache, sondern knüpft an die betrieblichen Verhältnisse des Pächters an.

Das Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-Pfalz unterstellt bestimmte Gebäude und Gebäudeteile einem Rauchverbot und stellt dabei auf die Nutzungsart der betroffenen Baulichkeiten, nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten ab; es betrifft mithin die betrieblichen Verhältnisse des Pächters: Zum Schutz der Bevölkerung vor den gesundheitlichen Belastungen durch das Passivrauchen (vgl. § 1 Abs. 1 NRauchSchG RP) ordnet das Gesetz für bestimmte Gebäude (vgl. §§ 2 ff. NRauchSchG RP) ein Rauchverbot für alle Personen an, die sich in diesen Einrichtungen aufhalten (vgl. § 1 Abs. 2 NRauchSchG RP). Für die Geltung des gesetzlichen Rauchverbots sind die baulichen Gegebenheiten der betroffenen Gebäude oder Gebäudeteile unerheblich - maßgeblich sind allein die Art der Nutzung der Gebäude und der Umstand, dass in den Einrichtungen Publikumsverkehr stattfindet. Für die Betriebsbezogenheit der Gebrauchseinschränkung spricht zudem, dass sich das Verbot primär an die Personen richtet, die sich in den betroffenen Einrichtungen aufhalten (vgl. § 1 Abs. 2 NRauchSchG RP) und der Betreiber der Einrichtung nur als mittelbarer Adressat des Verbots für dessen Umsetzung und Einhaltung verantwortlich ist, vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 NRauchSchG RP.

Kann der Betreiber einer Gaststätte das Rauchen nicht nach § 7 Abs. 2 und 3 NRauchSchG RP erlauben, da die von ihm gepachteten Räumlichkeiten den Anforderungen dieses Gesetzes nicht erfüllen, ist der Verpächter grundsätzlich nicht verpflichtet, die für eine Ausnahme vom Rauchverbot erforderlichen baulichen Umbaumaßnahmen vorzunehmen. Denn die gesetzliche Risikoverteilung ist auch im Rahmen der §§ 581 Abs. 2, 535 Abs. 1 Satz 2 BGB zu berücksichtigen. Das Verwendungsrisiko des Pächters darf nicht über die Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht des Verpächters auf den Verpächter abgewälzt werden. Handelt es sich bei der Gebrauchsbeschränkung um die Folge einer Gesetzesänderung, die - wie im vorliegenden Fall - an die betrieblichen Verhältnisse des Pächters anknüpft, ist der Verpächter für die aufgetretene Störung schon deshalb nicht verantwortlich, weil diese ihre Ursache dann nicht in dem Zustand oder der Beschaffenheit der Pachtsache hat.

BGH vom 13.07.2011, Az. XII ZR 189/09


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