(IP) Inwieweit Abrissarbeiten einen Anscheinsbeweis auf Schäden am Nachbargebäude begründen, hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf mit Leitsatz entschieden.

„Bei der Begründung des Anscheinsbeweises ist der Sachverhalt in seiner gesamten Breite zu betrachten. Es reicht nicht aus, den Sachverhaltskern etwa nur in einem typischen Zug zu überdenken. In der Bewertung des Geschehens als typisch sind alle bekannten Umstände einzubeziehen; dies ist keine Frage der Entkräftung, sondern der Begründung des Anscheinsbeweises. Allein die Wahrscheinlichkeit, dass Abrissarbeiten auf einem benachbarten Grundstück zu Erschütterungen führen, reicht nicht grundsätzlich aus, einen Anscheinsbeweis zu begründen.

Die Klägerin machte gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche infolge des Abrisses eines alten Sparkassengebäudes geltend. Sie war Eigentümerin eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks. Die Beklagte betrieb ihre Hauptgeschäftsstelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite und wollte dort ein neues Gebäude errichten. Vor Beginn der Abrissarbeiten ließ die Beklagte durch ein Sachverständigenbüro eine Bauzustandsbesichtigung der Fassade des Hauses der Klägerin durchführen, wobei an der straßenseitigen Fassade u.a. mehrere Risse und Kantenausbrüche festgestellt wurden. Nach Beendigung der Abrissarbeiten wurde eine weitere Begutachtung des Hauses der Klägerin durchgeführt und Veränderungen dokumentiert. Der Zustand der straßenseitigen Fassade stellte sich für den Sachverständigen nahezu unverändert dar. Es war einzig ein ca. 40 cm langer Riss im Außenputz hinzugekommen.

Unabhängig davon teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass es beim Abriss des Altbaus und Einbringen der Pfähle durch starke Erschütterungen zu Rissen in ihrem und in den benachbarten Häusern gekommen sei. Die Haftpflichtversicherung der Beklagten erstattete ihr darauf unter Bezugnahme auf ein Gutachten einen anteiligen Betrag von gut 5.000,- Euro, der sich ausschließlich auf die Beseitigung von Rissen im Innenbereich des Hauses bezog.

Es kam zur Klage.

OLG Düsseldorf, Az.: 5 U 46/16

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